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Eigentümlichkeit des gesamten Schullebens besondere Früchte erwarten. Schon in einem der frühesten Berichte sagt Löhe hierüber: „Für die Erziehung dieser Schülerinen ist das Zusammenleben mit einer größeren, der Ausbildung für die höchsten Lebenszwecke des Weibes bestimmten Anstalt von großem Nutzen und Segen gewesen; die so oft beklagte große Einseitigkeit und Eitelkeit des weiblichen Institutslebens scheint durch die Verbindung mit der Diakonissenanstalt glücklich vermieden zu sein. Die kleine Schule ist integrierender Bestandteil des Ganzen; die Schülerinen nehmen an allem teil, was das Haus bewegt; während es voller Ernst mit dem Lernen ist, geht ihr Leben doch nicht gar im Lernen auf, sondern sie sind von einem reichen Leben umwogt, dessen Einflüssen sie sich nicht entziehen könnten, auch wenn sie wollten.“ Das Diakonissenhaus herbergte in seiner ersten Zeit in seinen unteren Räumen eine Anzahl leiblich und geistig Kranker. Aber auch in dieser nahen Berührung[1] der Schülerinen mit den Übeln und Gefahren des Lebens erkannte man keinen Nachteil, sondern einen Vorzug der „kleinen Schule“. „Die Gemüter – sagt Löhe – werden so (frühzeitig) mit dem Ernst des Lebens vertraut und die jugendliche Munterkeit und Freude leidet darunter nicht den mindesten Eintrag, wie es am Tage ist.“ Andernteils erschien es ihm auch als ein Vorteil, daß durch Einordnung dieser Mädchenschule in das ganze Anstaltsleben dieses selber einen jugendlich frischeren Charakter bekam. Auch das schien Löhe ein Gewinn zu sein, daß durch Einfügung der Schule in das Leben eines Diakonissenhauses dem Irrtum gewehrt werde, als ob Wissen und Lernen die Hauptsache des Lebens oder auch nur des Dettelsauer Anstaltslebens sei. Schon der Name Diakonissenhaus, die täglich merkbare reiche Bewegung im Diakonissenwesen, die stark hervortretende Überzeugung,


  1. Von Berührung mit ansteckenden Kranken war natürlich keine Rede.
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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 256. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/261&oldid=- (Version vom 1.8.2018)