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um Bewilligung einer allgemeinen Landeskollekte nachsuchen zu dürfen, welche denn auch nach einigen Jahren zum ersten Mal und seitdem immer wieder aufs neue bewilligt wurde und der Anstalt nicht nur erkleckliche finanzielle Erleichterung, sondern auch die Mittel zur bald notwendig gewordenen räumlichen Ausdehnung gewährte. Zwar war die neue Blödenanstalt von Vorneherein in größeren Maßverhältnissen angelegt und längere Zeit das dominierende Gebäude der ganzen Anstaltskolonie, um 10 Fuß länger und ein Stockwerk höher als selbst das Mutterhaus, so daß Löhe scherzend warnte, sie möge sich nicht hoffärtig über die Mutteranstalt erheben, wie Hagar gegen Sara; aber dennoch erwies sich die Vorhersagung eines sachverständigen Besuchers, der der eben in ihr neues Heim übergesiedelten Blödenanstalt die Notwendigkeit einer baldigen Erweiterung prophezeite, als zutreffend. Schon nach Verlauf eines Jahres war die Zahl der Pfleglinge auf 50 gestiegen (auf 60 war die Anstalt berechnet), die Anmeldungen nahmen kein Ende, und die Anforderung zu neuer Erweiterung der Anstalt konnte nicht mehr unberücksichtigt bleiben. Von dem Grundsatz ausgehend, daß zu große Anstalten der inneren Führung nicht gedeihlich seien, wollte man jedoch die fernere Erweiterung nicht in einer abermaligen Vergrößerung des Gebäudes suchen, sondern lieber für die einzelnen Kreise Bayerns Filiale errichten und dabei zugleich die längst für notwendig erkannte Trennung der Geschlechter durchführen. Das erste Filial sollte zunächst für die männlichen Blöden bestimmt sein. Dieses erste – und bis jetzt einzige – Filial der Neuendettelsauer Blödenanstalt wurde im Jahr 1866 in dem Dörflein Polsingen errichtet, das, am Abhang des dort gegen die Ebene des Rieses sich abdachenden Hahnenkammes lieblich gelegen, durch die Abgeschiedenheit seiner Lage im Vergleich zu dem belebteren Dettelsau den Blöden nach Löhes Wunsch eine Stätte „süßen Stilllebens“ werden sollte. Löhes ältester Sohn hatte das

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 238. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/243&oldid=- (Version vom 1.8.2018)