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Matth. 10, 42, denn wie wir später mit einer Art von Humor und Witz, aber doch auch mir voller Wahrheit sagten: Den Blöden ist Er hold.“

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 Und so wurde denn die Blödenanstalt gleichzeitig mit der Diakonissenanstalt – am 9. Mai 1854 – mit einem blödsinnigen Knaben eröffnet. Mit der Diakonissenanstalt zusammen wohnte sie in deren erstem Miethlokale, dem oberen Stockwerk des „Gasthauses zur Sonne“ und zog darauf mit derselben im Oktober 1854 in das neuerbaute Diakonissenhaus ein. Da aber die Zahl der Pfleglinge schon im ersten Jahr auf 28 stieg, so kaufte die Diakonissenanstalt zwei kleine nebeneinanderstehende Häuser im Dorf in unmittelbarer Nähe des Pfarrhauses und ließ dieselben dem Zweck entsprechend umbauen. In dieser Nachbarschaft, gewissermaßen unter dem Schatten und Schutz des Pfarrhauses, blieb die Blödenanstalt bis zum Jahre 1864, in welchem sie in das zu diesem Zweck eigens erbaute große dreistöckige Gebäude übersiedelte, welches heute noch die weiblichen Blöden beherbergt. Die Blödenanstalt in Neuendettelsau war die erste und ist bis zu dieser Stunde mit ihrem Filial in Polsingen die einzige derartige Anstalt im protestantischen Bayern. Kein Wunder daher, daß die kleine Anstalt, die einem so dringenden Bedürfnis abhalf, schon in den ersten Jahren den sich häufenden Anmeldungen nicht mehr genügen konnte und man, so sehr man auch unter dem Druck der schon vorhandenen Schulden seufzte, sich zu einem Neubau und damit freilich zu einer Vermehrung der Schuldenlast um ca. 18000 fl. getrieben sah. Da die Blödenfürsorge ein Gegenstand allgemeinen Landesinteresses ist, da andrerseits die Thätigkeit der Löheschen Diakonissen an den Blöden über den Verdacht des Propagandamachens für die sog. „Dettelsauer Richtung“ erhaben war, so glaubte Löhe, abweichend von seiner bisherigen Gewohnheit, bei den kirchlichen Behörden zur Deckung der Baukosten des neuen Blödenhauses

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 237. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/242&oldid=- (Version vom 1.8.2018)