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eintraf. Das Kirchenregiment schien zu besorgen, daß bei dem Wunsch der Diakonissenanstalt nach einem eignen Betsaal separationssüchtige Hintergedanken im Spiele sein möchten. Erst nach und nach wurde der dem gottesdienstlichen Leben der Anstalt anfangs so karg zugemessene Raum zu freier Bewegung erweitert. Es geschah dies im Zusammenhang mit der Errichtung einer eigenen Hausgeistlichenstelle am Diakonissenhause, welche Löhe beantragte, als ein im Jahre 1863 erlittener leichter Schlaganfall ihn mahnte, zur Regelung des Verhältnisses der Diakonissenanstalt zum Pfarramt der Dorfgemeinde und zur Sicherung der ihr nötigen Unabhängigkeit von letzterem Schritte zu thun. Durch ein Reskript des Oberkonsistoriums vom 3. Mai 1864 wurde das Recht zur Wahl eines Hausgeistlichen der Muttergesellschaft zuerkannt, der Parochialverband mit der Pfarrei Neuendettelsau zwar aufrecht erhalten, der Hausgeistliche aber direkt dem Dekanat Windsbach unterstellt und befugt, auch die Parochialakte im engeren Sinn „in Stellvertretung des Parochus“ vorzunehmen. Sein Wirkungskreis blieb indes auch jetzt noch so streng auf die eigentlichen Anstaltsangehörigen eingeschränkt, daß selbst der Besuch des sonntäglichen Hauptgottesdienstes allen der Anstalt Nichtangehörigen mit Ausnahme „etwa zum Besuch der Anstalt anwesender Fremder“, die Teilnahme an der Abendmahlsfeier aber auch diesen untersagt wurde. Doch diese und ähnliche Beschränkungen, die übrigens längst dahingefallen sind, konnten nicht hindern, daß sich in den einfach schönen Räumen, sonderlich in den Festzeiten des Kirchenjahres, eine Blüte gottesdienstlichen Lebens entfaltete, die denen, welche sie miterlebten, in der Erinnerung heute noch duftet. Gar manchesmal ist ihnen der Betsaal zu einem Bethel und einer Pforte des Himmels geworden. Sie haben es verstehen lernen, wie der Apostel die korinthische Gemeinde zu der Fülle der über sie ausgegossenen Gaben und dem daraus erblühenden Reichtum ihres gottesdienstlichen

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/235&oldid=- (Version vom 1.8.2018)