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als unzulänglich. Man entschloß sich daher zu einem Neubau, wiewol nicht leichten Herzens, da die bereits vorhandenen Schulden schwer auf den verantwortlichen Trägern und Leitern des Ganzen lasteten. Allein die Verhältnisse ließen keine andere Wahl, zumal der Besitz eines eigenen Lokals für die sonntäglichen Gottesdienste sich als ein immer unabweisbareres Bedürfnis geltend machte. In den ersten Jahren hatte die Anstaltsgemeinde dem sonntäglichen Gottesdienst in der kleinen und unansehnlichen Dorfkirche von Neuendettelsau beigewohnt; ein Notstand, der mit den Jahren zu einem immer unerträglicheren Übelstand wurde. Als schließlich ein einflußreicher Mann in der Gemeinde, ein Zimmermann von Handwerk, erklärte: „von dem Hauch der vielen Weibsbilder (!) werde die Kirche feucht, und das Balkenwerk morsch“ konnte man das sonntägliche Gastrecht in der Dorfkirche für die Diakonissen nicht mehr länger beanspruchen. Löhes Anerbieten, durch Erweiterung der Dorfkirche der Platznot abzuhelfen, wurde von der Kirchenverwaltung Neuendettelsau, obwol der Gemeinde außer Hand- und Spannfrohn keine weiteren Leistungen angesonnen wurden, kurzsichtiger Weise abgelehnt. So unerwünscht für Löhe im Augenblick dieser Ausgang der Sache war, so muß man doch im Blick auf die Zukunft darin eine providentielle Fügung erkennen, da für das Gedeihen der Anstalt eine selbständige Gemeindeexistenz und gesonderte pastorale Führung geradezu eine Lebensbedingung war.

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 So schritt man denn ans Werk, und am 20. August 1858 wurde der Grundstein zum Bau des Betsaals gelegt. Die Form desselben ähnelte der Basilika, an das Langhaus schlossen sich Seitenhallen an, die zum Aufenthalt der Schwachen und Kranken dienen und ihnen die Wohlthat gewähren sollten, die freie Luft unter bedachtem Raum zu genießen. Deshalb und da auch der Turm fehlte, machte das Ganze von Außen einen wenig kirchenartigen Eindruck, um so wohlthuender wirkte aber das Innere

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 228. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/233&oldid=- (Version vom 1.8.2018)