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Arbeit sei meine Freude, Dein Wohlgefallen mein Trost und mein Gebet, meine Andacht, mein seliger Umgang mit Dir sei meine Wonne, bis daß ich sterbe.“

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 Ein andermal fand eine Einsegnung dreier Schwestern statt, von welchen die eine aus einer Krippe kam, die andere in einer Krippe sich befand, die dritte für eine Krippe bestimmt war. Das Thema der Ansprache war hier naheliegend. Dieselbe gieng aus von der Unnatur, die durch die Sünde in die Welt gekommen ist und die so groß ist, daß wir den normalen Zustand der Dinge, den Stand der ursprünglichen Vollkommenheit, uns gar nicht mehr vorstellen können. Wir können uns den Sommer nicht denken ohne seine Hitze, den Winter nicht ohne seine Kälte, die Hitze nicht ohne ihren Druck, die Kälte nicht ohne ihr Wehe. Ja nicht blos können wir uns aus dieser gegenwärtigen Welt die durch die Sünde eingedrungene Unnatur, d. h. das Übel, nicht mehr wegdenken, sondern die barmherzige Hilfe selbst, die dem Übel steuern will, muß oft eine gewissermaßen unnatürliche Form annehmen wie z. B. in der Liebesthätigkeit an der sog. Krippe. Die Krippe ist voll Unnatur, eine recht auffällige Erscheinung des menschlichen Elends. Wenn eine Mutter noch so kinderreich ist, so hat sie doch unter der Schaar ihrer Kinder nur ein einziges kleines, weinendes und schreiendes Kind, und dies eine vermag ihre Kräfte in Anspruch zu nehmen. Dies ist die Last der Krippe, wie sie der HErr der Familie und dem ehelichen Leben auferlegt hat. In der Krippenanstalt dagegen ist auf einen engen Raum eine Menge von weinenden und schreienden Kindern zusammengepfercht, denen die Diakonissin, ohne daß das natürliche Gefühl der Mutterliebe die Pflicht versüßt, ihre Zeit und Kraft, ihre Nerven, ihre Tage und Nächte opfern muß um des bischen Nutzens willen, den sie schafft. Denn hier haftet der Wohlthat selbst die Verkehrtheit an, und man muß, im Bewußtsein der Unfähigkeit vollkommene

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 220. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/225&oldid=- (Version vom 1.8.2018)