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studieren: wer wol kalendern kann, kommt durch die ganze Welt.“ „Und,“ setzte der Seelsorger hinzu, „auch in den Himmel.“ Beide haben Recht. Der Kalender ist ein herrliches Lehr- und Bildungsmittel für Kirche, Schule und Haus. Wer in dem unterrichtet ist, was er vom Himmel und der Erde berichtet, hat viel von der Natur gelernt, und wer weiß, was die Texte und die Feste und die Namen deuten, der weiß mehr, als die meisten Menschen unsrer Tage aus der Schrift, der Geschichte Jesu und seiner heiligen Kirche.“ „Es liegt – sagte er ein andermal – ein großer Schatz volkstümlicher Historie im Kalender. Man hat mit Recht in der neueren Zeit den Gedanken, Geschichte in Biographieen zu lehren, beglückwünscht. Dieser Gedanke ist jedoch nicht neu, sondern die alte Kalenderliteratur der lutherischen und andrer Kirchen ist die echt volksmäßige Ausprägung desselben, welche zugleich Maß und Ziel für den Unterricht an die Hand giebt. In seinem 1868 erschienenen „Martyrologium“ suchte Löhe in die historische Erkenntnis des Heiligenkalenders einzuführen, indem er zu jedem Kalendernamen eine kurze Skizze des Lebens des betreffenden Heiligen und wol auch ein Urteil über seine Bedeutung im Reiche Gottes fügte. Er dachte sich diese kurzen Lektionen als ein Stück der täglichen Morgenandacht, wie er selbst das Martyrologium neben den Losungen der Brüdergemeinde eine Zeit lang als „geistliches Frühstück“ gebrauchte.

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 Auch der Unterricht in Musik und Gesang hatte im Diakonissenhause von Anfang an seine Eigenart. Hier wachte unter dem Einfluß Hommels, der als Wiedererwecker des Psalmengesangs in der lutherischen Kirche gelten darf, Psalter und Harfe Davids, d. h. die vergessene Kunst des Psallierens wieder auf, und von hier aus hat sich Sinn und Lust am Psalmengesang auch nach auswärts verbreitet. „Gewiß – meinte Löhe, der ein großer Freund des Psalmengesangs war, und, obwohl ohne musikalische

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/207&oldid=- (Version vom 1.8.2018)