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in der Verschiedenheit des beiderseitigen historischen, kirchlichen und ethischen Urteils fand (siehe Konferenzvortrag in Betreff der Rosenmonate h. Frauen), so war er allerdings der Überzeugung, daß er in manchen Stücken von der protestantischen Tradition abgehe, mit der Schrift aber in Übereinstimmung sei. Für ihn war die communio sanctorum nicht blos ein theoretischer Satz, sondern etwas, darin er lebte, was ihm für sein religiöses Leben teuer war. Er „konnte sich in der viele Protestanten so fremdartig anmutenden Gesellschaft der Heiligen heimatlich fühlen, er freute sich auf den Himmel unter anderm auch deshalb, weil er sie dort finden werde.“ Herkömmliche protestantische Weise ist es nicht, sich mit den Heiligen Gottes in einem solchen inneren persönlichen Zusammenhang zu wissen und zu fühlen. Ist es aber richtig, wenn die heutigen Protestanten zu denselben sich so stellen wie es Luther vorhergesagt hat: „Wo der Nutz und Hilfe, beide leiblich und geistlich, nicht mehr zu hoffen ist, werden sie die Heiligen wol mit Frieden lassen, beide im Grabe und im Himmel. Denn umsonst oder aus Liebe wird ihr niemands viel gedenken, achten und ehren?“ Art. Smalc. p. 305 ed. M.

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 Ebenso gieng die in den Rosenmonaten sich nirgends verhehlende Bewunderung der sittlichen Kraft, die sich auch in den Verirrungen mittelalterlicher Askese offenbarte, insonderheit die Wertschätzung und Empfehlung des jungfräulichen Lebens, die einem Diakonissenvater wahrlich nahe lag, der herschenden protestantischen Denkweise, die allzusehr gewohnt war, „nur eine Freiheit des Gebrauchs der Welt, nicht aber auch der Entsagung“ anzuerkennen, wider den Strich. Aber es fragt sich, ob nicht diese Denkweise an der Schrift, sonderlich an Stellen wie 1 Cor. 7 u. a. sich eben berichtigen lassen muß. Uns scheint, es hat sich schon eine Korrektur der hergebrachten Anschauungen in gewissem Maß vollzogen, seitdem das Diakonissentum zu allgemeinerer Anerkennung gelangt und an

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 196. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/201&oldid=- (Version vom 1.8.2018)