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 Und ähnlich, doch mehr einlenkend, sprach er sich ein andermal in einer Aussegnungsrede über denselben Gegenstand aus: „Gelübde sind eine gewaltige Erleichterung aller Genossenschaften, auch des Diakonissentums, und es ist wahr, daß wir dadurch, daß wir die Wandelbarkeit (der Willensentschließungen) nicht durch Gelübde binden können, unsern Weg uns gewaltig erschweren. Aber auf der andern Seite kann man auch wieder sagen, daß der HErr und der Kreis von Männern und Frauen, die sich um ihn sammelten – das Vorbild aller geistlichen Genossenschaften – Gelübde nicht kannten, sondern daß die Liebe zu Seiner heiligen Person, das Wohlgefallen an Seiner Schule und der Eifer des Strebens zum Ziele diese Gesellschaft verbunden hat ohne Gelübde. Daß bei unserem Weg solche Massen (von Schwestern) sich nicht finden, wie in der römischen Kirche, versteht sich von selbst. Wir wandeln den Weg des HErrn nicht leichter, sondern schwerer – ohne Gelübde, aber auch evangelischer und geistlicher.“

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 Es ist vielleicht hier, wo wir von Löhes Diakonissenideal sprechen, der schickliche Ort, eine Schrift von ihm zu erwähnen, die zwar nicht speziell für Diakonissen, aber doch für evangelische Frauen und Jungfrauen mit dem ausgesprochenen Zweck geschrieben war, in denselben den Sinn der Nachfolge der in dem Buch ihnen aufgestellten Vorbilder zu wecken. Wir meinen die „Rosenmonate“, jenes viel verschrieene Buch, das bei seinem Erscheinen im Jahr 1860 so starken Widerspruch erregt hat. Der erste Vorwurf, der gegen dasselbe erhoben wurde, der Mangel an historischer Kritik, ist nicht unberechtigt, wenn man auch entschuldigend sagen könnte: es war Löhe gar nicht um kritisch gesichtete Darstellung von Heiligengeschichten, sondern um den ethischen Gehalt eines Heiligenlebens zu thun, der ja wie z. B. bei dem h. Martin von Tours oder der h. Elisabeth gerade in manchem legendenhaften Zug, den die absichtslos dichtende Sage in die Geschichte eines Heiligen eingewebt

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 193. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/198&oldid=- (Version vom 1.8.2018)