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ließe, beichtweise dem Seelsorger des Mutterhauses anzuvertrauen. Ihm freiwillig angebotene Gelübde der Ehelosigkeit von seinen Diakonissen anzunehmen weigerte sich Löhe, trotzdem er in solchen Gelübden an sich, falls man nur darin nichts Verdienstliches, nicht seine Seligkeit suche, nichts Unevangelisches sah.

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 In einer Stelle eines Jahresberichts, die ihm allerdings sehr verdacht wurde, sprach er sich darüber folgendermaßen aus: „Es ist nicht abzusehen, warum in ganz freiwilligen Gelübden der Ehelosigkeit etwas dem Wort und Heilsweg Gottes Widersprechendes gesucht werden müßte. Lutherische Casuisten der vergangenen Jahrhunderte haben ja dergleichen Gelübden dadurch Ehrerbietung gezollt, daß sie die Auflösung derselben möglichst erschwerten, und da kein Protestant mehr in der Ehelosigkeit ein eigenes Verdienst der Seligkeit oder eine Beschränkung des allerheiligsten Verdienstes Jesu suchen kann und wird, die Ehelosigkeit aber nach 1 Kor. 7 unwidersprechlich für kirchliche Dienste als förderlich und für das Reich Gottes nützlich bevorzugt wird: so kann man durch ein hyperprotestantisches Zurückdrängen erwünschter Gelübde im Grunde genommen keine konfessionelle Treue bezeugen. Dennoch aber ist es bedenklich, wenn sich der Vorstand eines Diakonissenhauses zur Empfangnahme und damit doch auch gewissermaßen zur Billigung von Gelübden der Ehelosigkeit hergeben soll. Es ist einmal so, daß die Menge der Protestanten, obendrein mit Einschluß sehr einsichtsvoller Männer, wenn nicht gar wider alle Gelübde, so doch wider die Gelübde der Ehelosigkeit stehen.[1] Was hilfts dann, wenn ein einsamer Diakonissenführer, seiner Einsicht und seinem Gewissen folgend, solche Gelübde annimmt und eben damit befördert,


  1. Vilmar dürfte von namhaften neueren Theologen – meines Wissens – der einzige sein, der sich nicht unbedingt gegen Zulässigkeit eines Gelübdes der Ehelosigkeit, aber auch nur im reiferen Alter, ausspricht.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 191. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/196&oldid=- (Version vom 1.8.2018)