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desselben vorbehält. „Der freie Wille einer protestantischen Diakonissin sollte zu der völligen Entschlossenheit kommen ein armes Leben zu führen und den eignen Besitz in den Dienst der erwählten Sache zu stellen. Die Einigkeit einer Congregation von Diakonissen kann nicht blühen und gedeihen, wenn Diakonissen sich ihr Vermögen reservieren und neben ihrem Diakonissensalär die Einkünfte desselben genießen wollen. Ist die Diakonissin fest entschlossen, ehelos und Diakonissin zu bleiben und ist sie alt und reif genug für solche Entschlüsse, so wird es ohne Zweifel das Richtige für sie sein, wie ihre Person, so auch ihr Vermögen ihrem Mutterhaus zu überlassen.“

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 Auch der Gehorsam galt ihm als große Diakonissenpflicht und Tugend. Das weit verbreitete protestantische Vorurteil, als sei nur der göttliche Wille zum Gehorsam verpflichtend und die Beobachtung menschlicher Anordnungen in das Belieben des Einzelnen gestellt, dazu die gerade bei dem weiblichen Geschlecht nicht seltene Eigenwilligkeit waren ihm Anlaß genug, diese Tugend immer wieder zu empfehlen und auf Grund von Stellen wie 1 Petri 2, 13 die verbindende Kraft auch pur menschlicher Anordnungen zu betonen. Aber so sehr Löhe wol mitunter über „das häßliche Benehmen protestantischer Schwestern, die um ihren eignen Willen und um ihre Selbständigkeit markten und nur gehorchen, wenn ihre eigene Überzeugung dabei ist“ sich ereifern und im Vergleich damit die Naivetät, mit welcher die römische Schwester ihrem Seelenführer ohne Forschen folgt, liebenswürdig finden konnte, so erkannte er doch in dem römischen Gelübde der unbedingten Hingabe des eignen Willens in einen fremden etwas nicht Schriftgemäßes, etwas nicht blos Unevangelisches, sondern „Unsittliches.“ „Dem Willen Gottes – sagte er im Diakonissenunterricht – kann ich blindlings folgen, dem Willen eines Menschen aber nur dann, wenn ich in jedem einzelnen Fall des Gehorsams die Überzeugung habe,

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 187. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/192&oldid=- (Version vom 1.8.2018)