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der lutherischen Kirche zu erstatten, die im einseitigen Ruhm der Ehe und in Geringschätzung der Ehelosigkeit von der Reformation an bis auf unsere Tage dahingehe.

 Es kann nach dem Gesagten nicht befremden, wenn Löhe etwas den bekannten drei römischen Ordensgelübden Ähnliches auch für die evangelische Diakonissin forderte. „Die drei Schlagwörter der römischen Orden: Armut, Keuschheit und Gehorsam sind auch die Schlagworte alles wahren Diakonissentums, und der Unterschied zwischen der alten Kirche und uns kann nur der sein, daß bei dieser der durch Gelübde gebundene, bei uns der völlig ungebundene freie Wille die drei edlen Früchte trägt. Der freie Wille ist der Boden, auf welchem das protestantische Diakonissentum erwachsen muß, und zwar der völlig ungebundene in seiner täglichen Erneuerung.“

 Es wird ja nicht nötig sein, Löhe gegen den Verdacht zu verteidigen, als hätte er jene römischen Ordensgelübde in römischem Sinne gefaßt. Er hat sich selbst dagegen bestimmt genug verwahrt. „Die Schwestern wissen, daß nicht die römische, sondern die evangelische Auffassung dieser Worte gilt, daß ihnen damit kein Joch über den Hals geworfen, wol aber Ziele vor Augen gestellt werden, die ein jedes Christenherz, sonderlich aber die Diakonissin mit einer größeren Macht anziehen sollen als der Magnet das Eisen anzieht“ – – sagt er einmal. Die Armut, die er für Diakonissen als geziemend erachtete, war ihm nicht zuerst Entäußerung des Besitzes, sondern innere Unabhängigkeit der Seele von demselben und eine heilige Bedürfnislosigkeit, die auch bei geringen äußeren Verhältnissen fröhlich und in Gott vergnügt ist. „Ob eine Diakonissin durch einfache Hingabe dessen was sie hat oder durch treue Verwaltung desselben im Sinne Jesu dem HErrn dienen soll, das sei ihrer Verantwortung überlassen, nur daß vor allen Dingen die arme Seele frei sei von Silber und Gold, ungeblendet von seinem Glanze, nicht angehaucht vom Mammon“

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/190&oldid=- (Version vom 1.8.2018)