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Malen würde ich die Jungfrau im Stall und – am Altar, in der Wäscherei und – wie sie die Nackenden in reines Linnen der Barmherzigkeit kleidet, in der Kirche und – im Krankensaal, auf dem Feld und – bei dem Dreimalheilig im Chor, und wenn sie den Kommunikanten das Nunc dimittis singt, ich würde alle Diakonissenberufe malen, in allen aber Eine Jungfrau, nicht immer im Schleier, aber immer Eine Person... Und warum? Weil eine Diakonissin das Geringste und das Größte können und thun, sich des Geringsten nicht schämen, und das höchste Frauenwerk nicht verderben soll. Die Füße im Kot und Staub niedriger Arbeit, die Hände an der Harfe, das Haupt im Sonnenlicht der Andacht und Erkenntnis Jesu – so würde ich sie aufs Titelkupfer der ganzen Bildersammlung malen. Darunter würde ich schreiben: „Alles vermag sie: arbeiten, spielen, singen.“

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 Gerade das Geringe und Unbedeutende, jene Kleinigkeiten, aus denen sich der weibliche, auch der Diakonissenberuf, zusammensetze, sagte Löhe, könne und solle geadelt und verklärt werden durch die Gesinnung, in welcher die Diakonissin ihre Berufswerke verrichtet: durch die Beziehung auf Jesum, durch die Absicht, Ihm in seinen Heiligen zu dienen. Diesen einfachen Satz, in dem doch der ganze himmelweite Unterschied christlicher und heidnischer Weltanschauung sich ausspricht, führte Löhe einmal schön in einer Aussegnungsrede durch, in welcher er die Frage beantwortete: „Was ist für ein Unterschied in dem Leben des Heidentums und des Christentums?“ Er gab darauf eine doppelte Antwort. Der eine Unterschied sei der, daß, was bei den Heiden außerordentlich war, bei den Christen ordentlich geworden sei. Schon die Alten haben gesagt, und angesichts des von Christen jeden Alters und Geschlechtes zur Zeit der schweren Verfolgungen bewiesenen Todesmutes ein Recht gehabt zu sagen: bei den Heiden gäbe es einzelne Beispiele von Heldenmut und Seelengröße, die Christen seien aber alle Helden, alle

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 177. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/182&oldid=- (Version vom 1.8.2018)