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sei, sondern ein Werk christlicher Barmherzigkeit, dazu der Glaube zwingt, und daß eben deshalb die Wirksamkeit dieses Hauses nicht von konfessionellen Schranken umhegt, sondern dasselbe zur Übung der Barmherzigkeit an allen und für alle bestimmt sei, wurde die Litanei mit eingeschalteten Bitten (die sich auf den Zweck und das Leben in der Anstalt bezogen) von der feiernden Menge gebetet mit einer Macht und einträchtigen Gewalt, daß „das Haus erbebte“ (wie es in der Schilderung eines Berichterstatters heißt).

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 Als der erste Abendgottesdienst vorüber war, verwandelte sich der Betsaal des neueingeweihten Hauses in einen Speisesaal, und die Festgäste hielten, die Armen der Gemeinde von Dettelsau in der Mitte, ein Liebesmahl, dessen Eindruck allen Teilnehmern unvergeßlich blieb. Angesichts des Altars mit den brennenden Kerzen, der die Gegenwart des HErrn versinnbildete, saßen in dem geräumigen Saal über hundert Tischgenossen beim einfachen, aber vom Geiste der Jesus- und Bruderliebe reichlich gewürzten Mahle. Mit lieblichen Gesprächen wechselten in kurzen Zwischenräumen Lob- und Danklieder. „Die Erinnerung an dieses Essen und Trinken vor Gottes Angesicht übertrifft alle Erinnerungen des schönen Tages“ sagte Löhe noch 16 Jahre später. Und in dem gleichzeitig erschienenen Bericht im Korrespondenzblatt der Ges. f. innere Mission heißt es: „Man konnte die Gemeinschaft der Heiligen spüren und genießen, man konnte ahnen, was es um die geistlichen Liebesmahle in der apostolischen Zeit Erhebendes und Liebliches gewesen sein mag,“ begeisterte Worte, die aber dem nicht übertrieben erscheinen werden, der wie der Schreiber dieses als junger Student selbst die Freude hatte, einige Male an solchen Liebesmahlen teilzunehmen, da das Diakonissenhaus am Gründonnerstag Abend seinen Schwestern und seinen näherstehenden Freunden und Freundinen das Osterlamm bereitete. Später gelang auch in Neuendettelsau selbst unter Löhe eine solche Feier nicht mehr; war doch auch die Herrlichkeit

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 172. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/177&oldid=- (Version vom 1.8.2018)