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heimischen Kreise hinaustragen und das Gelernte im Dienst der Leidenden ihrer nächsten Umgebung verwerten sollten: das etwa war die Idee, die Löhe bei der Gründung des Vereins für weibliche Diakonie vorschwebte. Noch in seiner letzten Lebenszeit erschien ihm dieser ursprüngliche Gedanke weit größer und bedeutender als was in geschichtlicher Verwirklichung hernach an dessen Stelle trat. Indes erkannte er in der von dem eigenen Plan abweichenden Entwicklung der Dinge gleichwohl Gottes Fügung.

 Doch auch bei der ursprünglichen Fassung des Plans wäre eine Diakonissenanstalt nicht zu entbehren gewesen.

 Aber es fragte sich nun, wo das erste Diakonissenhaus entstehen sollte. Man hätte denken können, daß diese Frage keiner Ueberlegung bedurfte, da alle Umstände auf Dettelsau hinwiesen, wo allein die Bedingungen des Gedeihens des Unternehmens gegeben waren. Mit vollem Recht hatte Löhe in dem oben angeführten Bedenken gesagt: „Es wird vor allen Dingen darauf ankommen, einen Ort zu treffen, an welchem die rechten Leute zur Sache sich vereinigen können. So sehr liegt alles an den Personen, daß man von allem Anfang an jede andere Rücksicht dem Zusammenfinden der Personen unterordnen muß.“ Allein wenn auch gar kein Zweifel darüber walten konnte, daß das geplante Diakonissenhaus entweder in Neuendettelsau oder überhaupt nicht entstehen würde, so verursachte doch die ländliche Abgeschiedenheit des Dorfes das Bedenken, ob es zweckmäßig sei, an einem solchen Ort einen immerhin kostspieligen Neubau aufzuführen, der, wenn er seinem Zweck einmal nicht mehr dienen könnte, nicht viel mehr als ein wertloser Steinhaufen sein würde. Heute, wo wir auf 38 Jahre wunderbar gesegneten Wachstums der hiesigen Diakonissenanstalt zurückblicken, kommt uns diese Besorgnis verwunderlich vor; damals aber gehörte Mut dazu, dieses Bedenken, das einzige, welches der Wahl Neuendettelsaus im Wege stand, zu überwinden.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 155. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/160&oldid=- (Version vom 1.8.2018)