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 Allerdings also eine itio in partes auch auf diesem Gebiet, aber eine friedliche war es, was Löhe mit der Bezeichnung seines Vereins als eines lutherischen forderte. Daß diese Bezeichnung nicht den Sinn hatte, als sollte die Barmherzigkeitserweisung in die Grenzen der eigenen Konfession eingeengt werden, sondern nur den Grundsatz in sich schloß, daß diejenigen, die zu Liebeswerken sich vereinen, Eines Geistes und einträchtig im Glauben sein sollten,[1] braucht wol nicht erst bemerkt zu werden.

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  1. § 4, 1 der Vereinssatzungen lautete: Mitglieder des Vereins können sowol Männer als Frauen des lutherischen Bekenntnisses sein, wenn sie regen Anteil an den Vereinszwecken haben etc. Eine Erörterung veranlaßte späterhin die Frage, die bei einer Versammlung der Muttergesellschaft aufgeworfen wurde, ob ein Mitglied des Gustav-Adolph-Vereins zugleich Mitglied des Vereins für weibliche Diakonie sein könne. Die Frage wurde nach eingehender Besprechung einstimmig verneint, wiewol man wußte, daß die Erörterung der Frage schon einen „wunden Fleck“ berühren und vollends der verneinende Beschluß manchem bisherigen Freund in die Seele schneiden werde. Nur dazu verstand man sich, daß dem Beschluß keine rückwirkende Kraft beigelegt werden solle.
     Bezüglich der Schulen des Diakonissenhauses galt – um dies vorausgreifend gleich hier zu bemerken – die Praxis, daß auch Kinder unierter Familien in denselben Aufnahme fanden, wenn die Ältern es zufrieden waren, daß dieselben im Sinn der luth. Kirche unterrichtet wurden, ohne am Sakramentsgenuß Teil zu bekommen. Bei den Diakonissen jedoch fand es Löhe mit Recht für unnatürlich, wenn die Glieder einer und derselben Genossenschaft am „eigenen Altare aufeinander prallen und verschiedene Wege gehen müßten;“ innerhalb der Schwesternschaft könne es wol „Unklarheiten und Stufen der Überzeugung, aber keinen konfessionellen Gegensatz geben.“ Übrigens drohte doch die Möglichkeit eines solchen Auseinandergehens am Altare, so lange Löhe die strengere Praxis befolgte, solche, die an offenkundig gemischten Altären innerhalb der bayerischen Landeskirche communicierten, in Neuendettelsau zum Sacrament nicht zuzulassen. Es konnte da vorkommen und kam in vereinzelten Fällen vor, daß Diakonissen in Städten mit confessionell gemischter Bevölkerung und dem entsprechender Abendmahlspraxis am Altar ihrer Ortsgemeinde Teil nahmen, dafür aber freilich auf die sakramentliche Gemeinschaft mit ihrem eignen Mutterhause verzichten [152]
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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 151. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/156&oldid=- (Version vom 1.8.2018)