Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 3.pdf/154

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

zu persönlicher Liebesarbeit heranziehen. In dieser Absicht gründete man einen Verein für weibliche Diakonie.

.

 Dieser Verein nannte sich aber mit Absicht und Bewußtsein „lutherischer Verein für weibliche Diakonie.“ Denen, welche in der christlichen Charitas und ihren Werken einen neutralen Boden sehen, auf welchem die getrennten Konfessionen in und zu gemeinsamer Arbeit sich friedlich begegnen und verbünden sollten, mag diese Betonung des konfessionellen Charakters bei dem von Löhe gegründeten Verein Unbehagen erwecken. Es darf indessen nicht vergessen werden, daß Löhe, als er den Werken der Diakonie sich zuwandte, bereits eine Geschichte als Lutheraner hinter sich hatte. Er war, wie wir wissen, ein Eiferer um das Bekenntnis, um das reine Wort und Sakrament der lutherischen Kirche gewesen, und diese Vergangenheit konnte und wollte er nicht verleugnen. Darum misbilligte er die sogenannte Konföderation der Konfessionen zu gemeinsamen Liebeswerken, als welche nur zu leicht konfessioneller Gleichgiltigkeit und damit der Union Vorschub leiste. Daher durfte auch dem von ihm gestifteten Verein für weibliche Diakonie der unterscheidende konfessionelle Beiname nicht fehlen, wenn auch im übrigen Löhe es nicht verkannte, daß auf dem Gebiet der christlichen Liebesthätigkeit der konfessionelle Gegensatz seine Schärfe verliert und sich mehr als ein heiliger Wettstreit der getrennten Konfessionen in der Erfüllung einer ihnen allen vom HErrn der Kirche aufgetragenen Aufgabe darstellt. Aber eben unter diesem Gesichtspunkt kann man es doch nur mit Freude begrüßen, wenn auch die lutherische Kirche, der ihre Gegner so gerne einseitiges Interesse an der Lehre oder gar an Lehrstreitigkeiten nachsagen, sich auch auf ihren göttlichen Beruf, mit Oel und Wein des barmherzigen Samariters der leidenden Menschheit zu dienen, besann; und eben deshalb muß man es Löhe Dank wissen, daß er sich durch Fliedners Vorgang zum Eifern reizen ließ, auch der lutherischen Kirche seines

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 149. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/154&oldid=- (Version vom 1.8.2018)