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an und gebe mein Zeugnis vom Abfall, von der möglichen nächsten Nähe des Antichristus, der ersten Wiederkunft des HErrn und der ersten Auferstehung. Ha, daß ich euch den Schlaf von euren Augen könnte nehmen, den sträflichen, und euch wecken zur Ergreifung der Hoffnung, die wie Morgenrot am Himmel lodert! Daß euch gegeben werden möchte, ein Leben der Hoffnung zu führen und mit St. Paulo entgegen zu kommen der Auferstehung von den Toten! Glaube und Liebe ohne diese Hoffnung sind wie das Opfer auf dem Altare, bevor das Feuer vom Himmel fiel. Die große Hoffnung der Christenheit muß uns wieder entzünden, wenn der Glaube und die Liebe ihre Werke wieder thun sollen, wenn aufhören soll die niederträchtige irdische Gesinnung der Christenheit, wenn die Braut Christi ihrem Bräutigam entgegen gehen soll schöner, als der Mond, und schrecklicher, als Heeresspitzen.“

 Diese Predigt war von Löhe zu einer Zeit, wo ihm krankheitshalber das Betreten der Kanzel unmöglich war, diktiert, der Gemeinde vorgelesen und auf Wunsch etlicher zufällig anwesender Freunde veröffentlicht worden.

 Die Predigt rief großes Aufsehen und in altlutherischen Kreisen Deutschlands auch heftigen Widerspruch hervor. In der Missourisynode urteilte vielleicht P. Sievers in Frankenlust, der einzige missourische Pastor, der mit Löhe in geschäftlichen Angelegenheiten einen, wenn auch seltenen brieflichen Verkehr unterhielt, noch am mildesten, wenn er in einem Brief vom 24. Januar 1859 sein Bedauern darüber aussprach, daß durch diese Predigt das Glaubensband, welches ihn früher mit Löhe so innig verbunden habe, gänzlich gelöst sei, sofern dadurch Löhes völliger Abfall von der lutherischen Lehre, d. i. von der allein seligmachenden Lehre der Christenheit bekundet werde. „Ich habe“ – schreibt er – „nur noch eine Hoffnung, nämlich daß diese Predigt Ihnen vielleicht in der Hitze der

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 118. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/123&oldid=- (Version vom 1.8.2018)