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denen nach Ihr auch Gottes Wort anseht und Euch von ihnen die Augen leihen lasset, allein und in allen Stücken recht, teile oder steife. Ihr seid freilich fertig, weil Ihr andere für Euch lesen und denken lasset und ließet, – hocherfreute Schüler, daß Ihr zu alter, großer Meister Füßen sitzet und im Falle seid, ihren Sätzen die praktischen Konsequenzen zu geben, welche sie noch nie und nirgends gefunden. Wir hüben sind größtenteils (denn Euer sind, wenn ich recht sehe, unter uns so gar viele nicht) nicht fertig, weil wir zwar wissen, was Ihr wißt, aber von der Schriftmäßigkeit nicht wie Ihr überzeugt sind. Ihr Fertigen und Starken (denn Ihr seid doch stark, wie Haymons Kinder gegen ihren Vater – erlaubt dies ernste Wort) könnt uns und unseresgleichen in Eurer Mitte nur dulden, in Hoffnung, daß wir, wie Ihr, dermaleinst bald wie reife Feigen in den Schoß Eurer Führer fallen. Allein alle unsere Verhältnisse sind nicht wie die Eurigen, uns zieht keine Strömung Euch nach. Wir haben Zeit und hoffen, nicht daß wir Euch in allen Stücken zufallen, aber daß wir ohne Eure und ohne die Gefahren, die Ihr auf unsrer Seite sehet, je länger, je mehr zu der wahren, vollen, schriftmäßigen Erkenntnis der Lehre vom Amt und Kirche kommen. So weit sind wir auch fertig.

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 Weit weniger aber als in der Lehre von Amt und Kirche, rücksichtlich welcher wir Euch dulden würden und Euch obendrein erlauben, daß Ihr Eure Meinung so geltend machtet, als Ihr könntet, stimmen wir Euch in dem echt papistischen Territorialismus bei, welchen Ihr kühn auf Eure freien Theorien setzet. Bei den deutschen Fürsten hieß es: Cujus regio, ejus religio. Ihr, noch Winzige für ein solches Territorium, kehret die Ansprüche papistisch um: Cujus religio, ejus regio. Ihr schaltet aus freien Missionsgebieten als wäret Ihr Herren, könnet niemand neben Euch vertragen, der Eure Amtslehre nicht teilt, auch wenn er in vielen und den hauptsächlichsten Sätzen mit Euch stimmt, und wagt den ungeheuern

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/108&oldid=- (Version vom 1.8.2018)