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 Eine solche friedliche Mittelstellung zwischen den streitenden Parteien, wie sie Löhe für sich und für das Schullehrerseminar einzunehmen begehrte, schien jedoch bei der Heftigkeit, mit welcher zwischen Missouri und Buffalo der Streit geführt wurde, der Synode Missouri unhaltbar, ja unerträglich. Sie spitzte ihre Forderungen zu einem Entweder–Oder zu. Das Schmerzlichste war für Löhe wahrzunehmen, wie auch die fränkischen Kolonisten, großenteils seine ehemaligen geistlichen Kinder gegen ihn eingenommen und mit Mißtrauen erfüllt wurden.[1] Bei der Öffentlichkeit, mit welcher in freien Gemeinden Streitfragen, welche anderwärts nur Theologen interessieren, auch vor Gemeindegliedern verhandelt werden, konnte es nicht ausbleiben, daß der Streit über Kirche und Amt auch in die fränkischen Gemeinden geworfen und dieselben gegen ihren Stifter dadurch in eine unziemliche Opposition hineingetrieben wurden. „Du glaubst,“ schrieb ein Frankenluster Kolonist an einen Freund in der Heimat, „daß Löhe nicht zu weit geht, und ich versichere dir, daß er zu weit gegangen ist und sich zu tief in die römischen Agenden vertieft hat... Wenn ich es nicht so ganz bestimmt wüßte, daß Grabau und seine Freunde in Deutschland irren, ja recht greulich irren, so hätte es mir wehe gethan, daß du geschrieben hast: Wir sind von der Lehre des HErrn und seiner Apostel gewichen. Nein, lieber Bruder, nicht gewichen sind wir, sondern mehr zur Klarheit dieser Lehre sind wir gekommen. Die Frage von Kirche und Amt ist nicht so gering, als sie draußen bei vielen Pfarrern angesehen wird. Ich glaube, weil man von jeher auf diese Frage so wenig geachtet hat, darum ist die Kirche in Deutschland ein so wüstes Babel geworden. Davon kommt es, daß Pfarrer immer


  1. „Nicht bloß die Pfarrer – schreibt Löhe an Dr. Petri – sondern auch die Bauern von Frankenmut etc. sind nun namentlich um mein Seelenheil besorgt; ich bin hochmütig geworden, tief gefallen etc., niemand wird jetzt so getreten wie ich.“
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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 3). C. Bertelsmann, Gütersloh 1892, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_3.pdf/104&oldid=- (Version vom 1.8.2018)