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Straße gehen wie ich kann. Lieber Gott, daß ich mit solchen Dingen mich plagen muß, ich elender, armer Mensch.“

 Es gehörte zu seiner besondern Führung, daß er von nun an seinen Lebensweg einsam gehen mußte. Das Bild Helenens blieb ihm so allerdings lebendig und unverblichen. Kein anderes Frauenbild drängte es in den Hintergrund. Die Vergangenheit und die Erinnerung an dieselbe behielt ihr Recht ganz und voll über ihn. Je öder und ärmer die Gegenwart für ihn war, desto mehr verklärte die Erinnerung ihm die Vergangenheit und die Hoffnung die Zukunft. Vielleicht forderten auch die großen Aufgaben im Dienste des Reiches Gottes, zu denen Löhe berufen war, eine solche Freiheit der Seele, die mit ungetheilter Hingabe sorgen läßt, „was dem HErrn angehört.“ Doch wer darf hier Bestimmtes sagen? Jedenfalls aber war Löhe’s Entschluß Wittwer zu bleiben mit schweren Opfern erkauft. An Stelle der schönen Häuslichkeit, in deren Frieden es ihm so innig wohl gewesen war, traten nun Einrichtungen, die doch nichts mehr als armselige Notbehelfe waren, so daß Löhe sein Leben von da an mit Recht als ein „getröstetes Elend“ bezeichnen und sagen konnte: „er habe von den Ehepsalmen nichts mehr übrig als die Worte: ,Du wirst Dich nähren Deiner Hände Arbeit‘.“

 Anfangs halfen bei der Führung des Haushalts Löhe’s weibliche Verwandte aus. Zu Zeiten blieb auch nichts übrig als sich mit der Mägdewirtschaft zu behelfen. Bei den zahlreichen Besuchen, die Löhe damals erhielt und welchen er in wahrhaft großartiger Uebung der Gastfreundschaft immer Aufnahme, Herberge und Bewirtung zu Theil werden ließ, erschien es bald als notwendig, das Regiment des Hauswesens in die Hände einer gebildeteren Person zu legen. Eine schon bejahrtere adelige Dame, Fräulein Sophie von Tucher, übernahm im

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 68. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/74&oldid=- (Version vom 1.8.2018)