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Briefen ist an seine Schwester, der zweite an eine Freundin Helenens geschrieben, der dritte, aus viel späterer Zeit, ist ein Beileidsschreiben an einen durch den Tod seiner Gattin in tiefe Trauer versetzten Freund, Dr. Besser.


 „Liebe Schwester!

 „Während ich auf eine Leiche warte, thue ich, was ich schon längst hätte thun sollen, ich schreibe an Dich, um Dir und Deinem lieben Erhard für alle die Wohlthaten zu danken, welche Ihr theils selbst, theils durch die Hände Eurer Tochter ao. 1843 mir und den Meinigen erwiesen habt. Ich kann Euch nicht vergelten, nicht danken; mein Herz, das ja keines Guten fähig ist und gegenwärtig ohnehin nicht mehr im gewohnten Geleise fährt, ist auch zu elend, um von Grund der Seele zu danken. Was hätte ich je von Grund meiner Seele gesagt? Ich habe immer eine übermütige Keckheit begangen, wenn ich die Worte ,herzlich‘ u. dergl. gebrauchte. All mein Innerstes und mein Geschrei aus der Tiefe ist ein Geschrei um Erlösung von dem steinernen Herzen, das mich preßt und noch nie etwas Göttliches und Gutes hat Wurzel schlagen lassen.

 „In meinem letzten Brief, den ich von Dir empfangen habe, versuchst Du mich zu trösten und zwar damit, daß Du sagst, ich werde das Bild meiner Allerliebsten in ihren Kindern vierfach erblühen sehen. Du hast recht; ich möchte ihr freundliches Angesicht gerne wieder sehen, und es gehört zu meinen Schmerzen, daß ich ihr Bild nicht habe. Aber da ich gegenwärtig wie ein Probierstein bin, an dem man Trostgründe prüft, so kann ich Dir sagen, daß der Trost nicht probehaltig ist. Es gehört zur Natur des Verlustes einer geliebten Person, daß sie in allen Fällen unersetzlich ist. Wenn ihr Bild zehnfach erblüht, so ist’s ihr Bild. Sie ist daheim. – Und ich bin

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 58. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/64&oldid=- (Version vom 1.8.2018)