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Bann ein, aber dann gilt es nicht Herstellung des Beichtverhältnisses, sondern die Korrektion von Sünden, welche, hartnäckig behauptet, nicht bloß den Beichtverband, sondern die Kirchengemeinschaft selbst lösen. Wo überall es sich um Herstellung des Vertrauens handelt, ist’s aus mit jedem Zwang. Übernimmt das Kirchenregiment Urteil und Sühne, so nimmt es nicht etwas an sich, was notwendig zu seinem Bereiche zu rechnen ist, sondern es übernimmt die Übung brüderlicher Liebe, die von anderen, näher stehenden, mit den Verhältnissen vertrauteren Männern eben so gut oder auch wohl besser, mit größerem Erfolg übernommen wird. Ist die Mühe umsonst, und das kann sein, auch wenn Friede hergestellt ist; so kann das Kirchenregiment nicht mehr thun als jeder Schiedsrichter: es muß in der an sich freien Sache einem jeden seine Freiheit lassen. – – (Spener bei Pertsch S. 438. Cf. Seidels Pastoraltheol. S. 200.)


7. Kann man ohne Lösung des Beichtverhältnisses, ja im freiesten und gesegnetsten Gebrauch desselben außerhalb der Parochie beichten und das Sakrament genießen?

 Antwort: Ja, wenn kein contemtus ordinarii ministerii (d. h. keine Verachtung des ordentlichen Amtes) da ist, wenn necessitas vorhanden, quae legem non habet (d. h. wenn dringende Not da ist, die kein Gebot kennt), wenn causa praegnans (d. h. eine gewichtige Ursache) da. Cf. Bechmann S. 144. 200. Und nicht bloß das. Wenn Parochialverband (und das gewöhnliche Beichtverhältnis) aufrecht gehalten werden, ist es Recht und Freiheit eines jeden Christenmenschen, da zu beichten und zu kommunizieren, wo man grade ist. Der Genuß des Sakraments gehört zum Parochialverband, aber er ist nicht Monopol (alleiniges Vorrecht) der Parochie. So weit die Kirchengemeinschaft geht – und die geht, so weit die Gemeinde und Kirche der Glaubensgenossen sich erstreckt –; so weit geht auch die Abendmahlsgemeinschaft. Alle Rechtgläubigen, nicht Excommunicierten oder in den gradibus admonitionis Begriffenen (bei denen einer der Ermahnungsgrade Matth. 18, 15–17 angewendet werden mußte) haben Anteil an jedem rechtgläubigen Altar – und, über die Ausübung der Freiheit

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 566. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/572&oldid=- (Version vom 1.8.2018)