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Neue Testament weiß von diesen Accidentien nichts, ebenso wenig das Altertum. Diese Dinge kamen erst mit dem Verderbnis der Kirche und mit der Aufrichtung der Einzelbeichte als Institut.


3. Ist das Beichtverhältnis, so wie es sich ausgebildet hat, durchaus nötig:

 a. für das Seelenheil der Christen?

 Antwort: Nein. Man kann – gewiß allgemein zugestandnermaßen – ohne Beichtverhältnis selig werden. Die Schrift weiß nichts von besonderem Beichtverband. Die erste Kirche kannte es nicht.[1] Erst im 13. Jahrhundert[2] wurde zum besondern Beichtverband die Einleitung getroffen – kirchenordnungsmäßig wurde er von den Lutheranern beibehalten.


 b. für den Genuß des heiligen Abendmahls?

 Antwort: Nein. Buße und die von dem Apostel befohlene Prüfung kann ohne Beichtverband geschehen. Weder in der Sache selbst, noch in der Schrift, noch in der Lehre der ersten Kirche oder der Reformatoren liegt etwas, was ein Ja erzwänge.


 c. für die Austeilung des heiligen Abendmahls?

 Antwort: Nein. Wie würde sonst Abendmahlsgenuß in der Fremde, Abendmahlsausteilung an Fremde, Handwerker, Studenten, Soldaten etc. etc. möglich? Es ist am Tage, daß man sich je und je an anderen Garantieen der Würdigkeit genügen ließ, als in der unausgesetzten


  1. Der Presbyter poenitentialis (S. Socrates Hist. eccl. L. IV. c. 19. Sozom. L. VII. c. 16) ist etwas ganz anderes, hierher gar nicht Gehöriges. Er bestand zudem nicht lange.
  2. Laterankonzil von 1205. Innocenz III. ist Urheber der Ohrenbeichte. Merkwürdiger Kanon: „Alle sollen ihre Sünden des Jahres wenigstens einmal ihren Priestern bekennen.“ S. Pertsch vom Recht des Beichtstuhls. S. 242. 446 etc. Dedekens Thesaur. P. III. L. I. Memb. 3. Sect. 3. Nr. 58. (Pertsch S. 434.) Es ist übrigens dem Pertsch nicht zu trauen. Sein Eifer gegen die Privatbeichte verblendet ihm die Augen. Sonst würde er zwar allerdings nicht die Form der späteren Privatbeichte, aber doch die Sache, und sogar die Anfänge der späteren Form im Altertum gefunden haben. Vergl. S. 143 die Stelle aus Origenes, S. 174, aus Basilius, S. 175 aus Gregorius Nyssen etc.
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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 563. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/569&oldid=- (Version vom 1.8.2018)