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mich in der Wirklichkeit bisher immer getäuscht gefunden habe, so oft ich versuchte, einer in uniertem Komplexe lebenden Gemeinde in Lehre und sakramentlicher Gemeinschaft die nötige Sonderung zuzuschreiben.“

 Anders liege die Sache bei principiell unierten Christen. Hier sei nicht abzusehen, wie diese bei wirklichen Lutheranern dem Ketzernamen entgehen könnten. Es liege hier eine Ketzerei des Willens vor, indem bei nicht selten subjektiv-lutherischer Überzeugung – ein kirchentrennender Glaubensartikel zu einer bloßen Privatmeinung gestempelt und damit dem Grundsatz der flach protestantischen Richtung des 19. Jahrhunderts gehuldigt werde, die den Altar, den Scheideberg der Konfessionen, zu einem Vereinigungspunkt aller an Jesum Gläubigen unbeschadet ihrer tiefgreifenden kirchlichen Differenzen machen wolle. Die Union sei in ihrem kennzeichnenden Charakter Abfall von der Reformation, ein Verwerfungsurteil über die Treue unserer Reformatoren, welche die Irrlehre der Reformierten vom h. Abendmahl für groß und trennend genug hielten, um ihnen die Kirchengemeinschaft zu versagen.

 Weiterhin wird der den Konfessionellen ständig gemachte Vorwurf der Unbarmherzigkeit und Lieblosigkeit beleuchtet. „Die wahre Barmherzigkeit – wird gesagt – belehrt den Reformierten erstens darüber, daß auch sein Abendmahl für ihn, als Reformierten, noch einiger Mühe wert sei; zweitens aber, daß in der lutherischen Kirche das Sakrament so groß und hoch und segenbringend geachtet werde, daß man, um es zu empfangen, es nach dem Maß der vorhandenen Gabe erst erkennen und schätzen müsse. Kurz, die wahre Barmherzigkeit muß einen Pfarrer lehren und dringen, den Reformierten (selbstverständlich auch den Unierten) zur lutherischen Kirche zu führen, damit er nicht ein Fremdling, sondern einheimisch und Bürger am Altar werde.“ Übrigens – führt Löhe weiter aus – handle es sich bei der Frage nach der sakramentlichen Bedienung eines Reformierten

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 519. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/525&oldid=- (Version vom 1.8.2018)