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gefaßt werden konnte. Dabei wurde noch überdies Pfarrer Löhe trotz des Umstandes, daß er selbst als Vorstand der Armenpflege sich für die Wiederverehelichung des Büttners B. erklärt, auch dessen Proklamation ganz anstandslos vollzogen hatte, – in Anlaß späterer Äußerungen über die sittliche Haltung des B. ausdrücklich darauf hingewiesen, wie es ihm unbenommen sei, demselben auf seelsorgerlichem Wege zu seiner Umkehr und Besserung in angemessener Weise nahe zu treten und den gegebenen Fall auch der Gemeinde gegenüber in das rechte Licht zu stellen. – Wenn nun bei dieser Sachlage Pfarrer Löhe gleichwohl beantragt, daß von Seiten der Kirchlichen Oberbehörden auf eine unmißverständliche Weise vor allen Gliedern der Gemeinde zum mindesten der treue Wille und im ganzen die Richtigkeit des Verhaltens desselben,... anerkannt werde, – so sieht sich das königliche Oberkonsistorium durchaus nicht in der Lage, diesem Antrage irgendwie stattzugeben. Über den inneren Willen des Pfarrers Löhe steht ihm kein Urteil zu; so weit dieser aber in dessen äußeren Verhalten einen Ausdruck gefunden hat, muß solches wiederholt als staatlicher und kirchlicher Ordnung zuwider erklärt, und dabei ausdrücklich die Erwartung ausgesprochen werden, daß Pfarrer Löhe selbst erkenne, wie in einem geordneten Gemeinwesen nicht die subjektive Anschauung des einzelnen, sondern dasjenige Geltung anzusprechen hat, was die – alle gleichmäßig bindende Ordnung verlangt, wie es aber am allerwenigsten angehen kann, statt um thunlichste Schonung der persönlichen Überzeugung zu bitten und um etwa mögliche Ausgleichung nachzusuchen, alle Mittel einer solchen Ausgleichung von vornherein auszuschließen und der bestehenden Ordnung einfachen Widerstand entgegenzusetzen.

 Was Pfarrer Löhe hiernächst noch in seiner Vorstellung d. d. 19. Juli c. über die Zulassung unwürdiger Gemeindeglieder zum hl. Abendmahl vorträgt, so kann er auch hierüber nur auf die bestehende allgemeine Ordnung verwiesen werden, wonach ihm bei gehöriger Begründung unter Genehmigung des vorgesetzten Konsistoriums zwar der Ausschluß unwürdiger Gemeindeglieder vom hl. Abendmahl nicht versagt werden wird, irgend eine Ausnahmsstellung aber so wenig als einem andern Geistlichen der Landeskirche zugestanden werden darf.“ –


 Löhe sah diese Antwort des Kirchenregiments als einen vollständigen Abschlag seiner doppelten Bitte an, und es gieng – wie er in seinem Tagebuch schreibt – für ihn nun ein Überlegen und eine geistige Anstrengung an, die ihn ein paar Tage völlig in Anspruch

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 506. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/512&oldid=- (Version vom 1.8.2018)