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 „Besonders in Bayern, aber auch über seine Grenzen hinaus, hat es viel Aufsehen erregt, daß Pastor Löhe in aller Förmlichkeit einer Kranken auf Grund von Jak. 5, 14 die Ölung erteilt hat. Daß die Sache zuletzt in einen Verweis von der obersten kirchlichen Behörde und in eine Verwarnung gegen Wiederholung solcher Handlung ausgelaufen, ist aus den politischen Blättern bekannt. Darin nun hat jedenfalls die durch jenen Vorgang aufgeregte öffentliche Meinung fehlgegriffen, daß sie Löhes Verfahren als „katholisierend“ bezeichnet. Die Anwendung der Ölung zur Heilung war vielmehr ein faktischer Protest gegen die letzte Ölung, die immer nur solchen erteilt wird, deren Tod in unmittelbarer Aussicht steht. Im übrigen können auch wir die Wiedereinführung des Brauches kaum für rätlich halten. Daß es sich um ein bloßes Symbol handelt – nicht um eine sakramentale Handlung, welche selbst die Gnade mit sich führt, erhellt daraus, daß man das: „und salben mit Öl in dem Namen des Herrn“, weglassen kann, ohne den Zusammenhang wesentlich zu unterbrechen, daß somit die Worte sich als eine Art von Parenthese darstellen, die Sache als Nebensache.“ Ist jemand krank, der rufe zu sich die Ältesten von der Gemeinde und lasse sie über sich beten. – – Und das Gebet des Glaubens wird dem Kranken helfen. – Betet für einander. „Das Gebet des Gläubigen vermag viel“ u. s. w. Alles wird hier ins Gebet gesetzt, dessen Wirkung noch jetzt fortdauert, und das in der Kirche fortwährend in Übung ist. Was hier über die heilskräftige Wirkung desselben ausgesagt wird, ist nach Matth. 19, 29 zu beurteilen, so daß die Wirkung zur leiblichen Heilung, die auch in der apostolischen Zeit nicht ausnahmslos erfolgte – den Trophimus ließ Paulus zu Milet krank u. s. w. – nur beispielsweise und individualisierend genannt wird... Tragen nun die Worte: salben mit Öl u. s. w. rein symbolischen Charakter – so daß also durch die Salbung mit Öl der Gegenstand der Fürbitte als Ausdeutung des Symboles zu betrachten ist: so steht auch fest, daß diese Handlung, anders wie die Sakramente, unter Umständen der Abschaffung unterliegen kann; ebenso wie unter dem A. T., ob gleich dieses in allen solchen Äußerlichkeiten strenger war, der in 2 Mos. 2,11 vorgeschriebene Habitus beim Passah, das „stehend und in Eile“ aufgegeben wurde... wie unter dem N. B. das Fußwaschen nicht mehr äußerlich in Scene gesetzt wird. Bei der Ölung nun im Sinne des Jakobus hat sich die Kirche, namentlich die evangelische, dafür entschieden, daß sie nicht mehr äußerlich auszuführen ist, obgleich sie noch weit in das Zeitalter der Kirchenväter fortdauerte, wie dies u. A. aus Makarius und Ephraem dem Syrer erhellt. Die plötzliche Wiedereinführung hat, ähnlich wie die Wiedereinführung des echt

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 473. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/479&oldid=- (Version vom 1.8.2018)