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beten und unser Ende bedenken (wie es scheint daß die Alten gethan haben), also wäre es auch wohl fein, daß man zum Kranken gieng, betete und vermahnte, und so man daneben mit Öl wollt bestreichen, sollt frei sein im Namen Gottes.“

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 Von diesen Anschauungen geleitet fand Löhe gutes Gewissen und Freudigkeit, die von ihm begehrte Handlung zu vollziehen. Dies geschah unter Assistenz einiger am Ort befindlichen geistlichen Gehilfen und mit Beiziehung der zuvor belehrten Kirchenvorsteher der Gemeinde und einiger weiblichen Zeugen nach einem auf Grund des römischen Sacerdotale ausgearbeiteten Formular.[1] Da man den äußeren Erfolg von Vorneherein ganz in Gottes Willen gestellt hatte, überraschte es niemand, daß die Heilung ausblieb. Die Handlung war bereits im September des Jahres 1856 vorgenommen worden, kam aber erst nach mehr als Jahresfrist zur öffentlichen Kunde – auf die harmloseste Weise. Der damalige Redakteur des Korrespondenzblattes der Gesellschaft für innere Mission, Inspektor Bauer, hatte eben nicht das nötige Manuscript bei der Hand, um die Dezembernummer des Jahrgangs 1857 füllen zu können, und bat deshalb Löhe um die Erlaubnis, jenes Formular des „apostolischen Krankenbesuchs“ zum Abdruck bringen zu dürfen. Löhe hatte dagegen nichts einzuwenden, wenn die Veröffentlichung nur motiviert würde. So kam die Sache in die Öffentlichkeit, wo sie nicht verfehlte das größte Aufsehen, ja einen wahren Aufruhr zu erregen. Das Kirchenregiment sah sich veranlaßt einzuschreiten. Ein Reskript vom 11. Februar 1858 forderte Löhe zur Verantwortung auf. Löhe stellte den Thatbestand unter Angabe der Gründe, die sein Handeln leiteten, dem Kirchenregiment dar. Das mißtrauisch gewordene Kirchenregiment jedoch war von dieser Darlegung nicht befriedigt und verlangte eine eingehende Erklärung darüber,


  1. Wir geben dieses Formular im Anhang.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 470. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/476&oldid=- (Version vom 1.8.2018)