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wenn sie bloß einseitig geschieht; ich meine, wenn bloß die Frommen die Erlaubnis bekommen, ihres gleichen Beichtväter zu suchen. Es müssen die Gegner auch zu solchen Leuten gehen dürfen und gewiesen werden können, die ihres gleichen sind. Diese Massen werden durch die Zucht nicht besser; man kann ihnen damit kaum nahen; sonst machen sies wie der Ochse, den der Knabe reizt, welcher ihn treibt; sie wenden sich gegen die Treiber.

 Du wirst sagen: Dann aber ist ja der Parochialverband nur mehr etwas äußerliches; die Scheidung ist da. Meine Antwort: Es ist dennoch der friedlichste Weg der unvermeidlichen von Gottes Wort gebotenen Scheidung. Durch das Zusammenbleiben verdirbt alles, auch was lebt; exempla trahunt. Durch Auseinandergehen werden viele gerettet; auch der abscheidende schlechte Teil kann seiner Nichtigkeit müde und besser werden. Die Kirchengeschichte zeigt hiefür Beispiele.

 „Also willst Du eben doch die Scheidung?“ wirst Du fragen. Meine Antwort ist die: Ich will keine Scheidung, wenn sie vermieden werden kann. Es handelt sich aber ums Leben. Die besseren Glieder der Landeskirche und ihre gleichgesinnten Diener, denen man doch wahrlich auch das Recht zu leben und zu gedeihen in einer lutherischen Landeskirche zugestehen muß, müssen nach Christi und seiner Apostel Worten leben können und dürfen. Kann ihnen das werden, so mag die äußerliche Scheidung eintreten oder nicht; sie werden zufrieden sein. Jedenfalls scheiden sie nicht aus, weil sie sich das Recht zu leben zuschreiben müssen; sondern, wenn es nicht anders ist, lassen sie sich eben ausstoßen.“

 Löhe verhehlte sich freilich nicht, daß die von ihm gewünschte Loslösung des Beichtverhältnisses vom Parochialverhältnis in der Ausführung auf große Schwierigkeiten stoßen würde, da „beide so nah an einander grenzen“. Es ist allerdings die Frage, ob die Übel der Landeskirchen eines solchen Remediums überhaupt nur

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 463. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/469&oldid=- (Version vom 1.8.2018)