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des eigentlichen Hirten, wie mir scheint, besser dadurch zu sichern, daß die Presbyter an den einzelnen Kirchen als Delegierte des Bischofs dastanden und ihr Amt übten. Ich will von all den Übelständen schweigen, welche, gar nicht in Zusammenhang mit Glauben oder Unglauben, zu Wählerei aus Gründen persönlicher Beliebtheit und allerlei Affekten menschlicher Schwäche auch unter sonst gleichgesinnten geistlichen Kollegen führen, und alles eher als ein Bild der Ordnung und Wohlanständigkeit darbieten.

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 Von all dem abgesehen halte ich aber das Princip des Freigebens des Beichtverhältnisses neben dem Bestand des Parochialverbandes nicht bloß für unvereinbar mit allezeit und allgemein anerkannten kirchlichen Grundsätzen, sondern auch für rein illusorisch und jeder denkbaren kirchlichen Ordnung widerstrebend. Ich sage zuerst: Es ist illusorisch; denn es führt konsequent zu viel weiterem als zur bloßen Lösung des Beichtverhältnisses. Wenn ich glaube, meine eigene Seele diesem oder jenem Beichtvater nicht anvertrauen zu dürfen, wie soll es denn mit dem Konfirmandenunterricht meiner Kinder werden? Oder was kann man mit Fug entgegnen, wenn jemand auch diesen Unterricht einem andern anvertraut wünscht, als dem, welchen er für sich nicht zum Beichtvater haben will? Ich muß, wenn ich principiell d. h. nicht unter Beschränkung auf einen einzelnen konkreten Fall und unter Beschränkung auf das persönliche Verhältnis einzelner Konfitenten, die Wahl des Beichtvaters frei lasse, auch principiell frei geben, wem man die eigenen Kinder zum Konfirmandenunterricht überlassen wolle. Was für ein Grund besteht weiter dafür, daß dann ein Parochus noch verpflichtet sein soll, Taufen, Trauungen, vor allem Beerdigungen bei denen oder deren Angehörigen zu verrichten, welche geglaubt haben, die zartesten Bande gewissenshalber lösen zu müssen? Gesetzt auch, diese oder deren Angehörige begehrten es, wie kann man eine bindende Verpflichtung hiezu dem Parochus auferlegen? Gewiß

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 458. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/464&oldid=- (Version vom 1.8.2018)