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des kirchlichen Lebens und Erkennens, daß man bei fortgesetzten Zuständen der genannten Art sich für lutherisch hält und trotz alledem glaubt halten zu dürfen.“

 Als eine zweite aus gleichen Ursachen fließende Beschwerde wird die an vielen Orten herrschende Abendmahlsgemeinschaft mit der lutherischen Gemeinden eingesprengten unierten und reformierten Diaspora bezeichnet. „Es ist – so wird in der Petition ausgeführt – für uns bayerische Lutheraner so gut wie nichts gewonnen, selbst auf den Fall hin, daß die Reformierten verfassungsmäßig von uns getrennt würden, und die Unierten eigene gesonderte Rechte gewännen, wenn nicht zugleich alle Abendmahlsgemeinschaft aufgehoben und streng, ja bei Verlust des Amts und bei Exkommunikation verboten würde. Es zeigt sich eben hier, daß nicht in der Verfassung, sondern in dem Abfall von der lutherischen Praxis, weil von lutherischer Anschauung und Erkenntnis, unsre Grundübel beruhen – und es ist daher die Abendmahlsfrage, die Frage der innern Kirchengemeinschaft, weitaus die wichtigste der Zeit geworden. Die Ehre der lutherischen Reformation und ihrer treuesten Diener und Glieder in drei Jahrhunderten ist auf dem Spiel, und es kann von keiner lutherischen Kirche mehr die Rede sein, wir sind in den leitenden Grundsätzen zur reformierten Kirche übergetreten, wenn wir irgend eine Abendmahlsgemeinschaft mit Andersgläubigen zugestehen und dulden.“ Am Schluß der Petition werden noch bittere Klagen über jene Geistlichen erhoben, welche treue Gemeindeglieder, die sich des Sakramentsgenusses an den Altären ihrer Heimatgemeinden um der dort getriebenen Abendmahlsmengerei willen seit Jahren mit Leid und Weh enthielten, als Abendmahlsverächter bezeichneten, wogegen sie Haufen von wirklichen Abendmahlsverächtern dicht um sich her nicht sähen, und, während sie vom HErrn Befehl hätten, die schwachen Brüder auch durch keine irdische Speise zu ärgern, dieselben an der Himmelsspeise ärgerten.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 421. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/427&oldid=- (Version vom 1.8.2018)