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für alle geltenden, Kirchenverordnungen keinem Geistlichen die Befugnis und die Macht zusteht, jemand vom Genusse des heiligen Abendmahls auszuschließen, daß vielmehr jeder verpflichtet ist, bei entstandenen Bedenken die Entschließung seiner Oberen einzuholen.

 Übergriffe in fremde Amtsbezirke, welcher Art sie auch seien, können ohne Verwirrung und vielfache Unzufriedenheit hervorzurufen, nicht gestattet werden, und so müssen auch bezüglich der Lösung des beichtväterlichen Verhältnisses die bestehenden Vorschriften in Geltung bleiben.

 Die unterfertigte Stelle wird ferner nicht zugeben, daß diejenigen bekenntnistreuen Diener und Glieder der lutherischen Kirche, welche in fraglicher Angelegenheit einer anderen Überzeugung folgen als die Petenten geltend machen möchten, als nicht lutherisch bezeichnet und somit der Häresie beschuldigt werden.

 Endlich wird das Oberkonsistorium nicht dulden, daß, wie bereits in sehr bedauerlicher Weise der Anfang gemacht ist, einzelne Gemeinden in Unruhe versetzt und mit Vorstellungen geängstet werden, als ob in der bayerischen protestantischen Landeskirche nicht mehr nach dem lutherischen Bekenntnis gelehrt und gehandelt werde.

 Der genauen Einhaltung obiger Bestimmungen muß sich die unterfertigte Stelle von den bezeichneten Geistlichen alles Ernstes versehen, und ermahnt sie deshalb noch einmal dringend, die weit gehenden und tiefgreifenden Folgen wohl zu bedenken, welche ein Losreißen und Separieren von der kirchlichen Gemeinschaft nach sich ziehen würde, daß ein Widerstreben der einzelnen gegen die bestehende Ordnung sowohl ein kirchliches Gemeindewesen, als auch dessen Leitung unmöglich mache, und daß endlich jeder in der Gemeinschaft des Ganzen wirken wollende Geistliche die besonderen Verhältnisse seiner Landeskirche nicht außer Augen setzen dürfe, vielmehr verpflichtet sei, darauf zu achten, daß die weitere Entwickelung und die notwendige innere und äußere Kräftigung derselben durch partikuläre Forderungen nicht gestört und erschwert werde.

 Die hier gegebenen Bestimmungen sind auf das Genaueste einzuhalten, widrigenfalls würde das Oberkonsistorium nach Gestalt der Umstände auf Grund der geltenden Kirchengesetze sich, wenn auch mit Leidwesen, genötigt sehen, bezüglich der zuwiderhandelnden Pfarrer bei Seiner Majestät dem Könige auf Suspension vom Amte anzutragen, bezüglich der widerstrebenden Kandidaten aber die Enthebung von den amtlichen Funktionen anzuordnen etc.

 München, den 9. Januar 1852.

Königliches protestantisches Oberkonsistorium
v. Arnold.


Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 408. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/414&oldid=- (Version vom 1.8.2018)