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für das gesamte lutherische Volk bittend, so und nicht anders nahten wir uns dem königlichen Oberkonsistorium am 9. Oktober.

 Dabei sahen wir allerdings vorher, daß wir bei praktischer Befolgung unserer Grundsätze manchen Bruder schmerzlich berühren und selbst schmerzlich berührt werden würden. Wenn auch niemand bei einiger Kenntnis unserer Sache uns die Auflage machen kann, als hätten wir den Bann üben wollen (wie könnte das auch geschehen, da der Bann das Ende eines Prozesses ist, den wir nicht einmal einleiten können, und die lutherische Kirche von einem Bann über unbekannte Personen oder Haufen nichts wissen will); wenn ferner uns völlig gewiß ist, daß wir in keinerlei Weise Unordnung anrichten wollen; so können wir doch nicht vermeiden, alte Unordnung aufzuzeigen, anzugreifen und so Gefühle zu erzeugen, welche nicht von der Ordnung den Namen haben können. Wir haben es aber nicht verschuldet, daß wir so viel konfessionelle und sakramentliche Verwirrungen fanden. Wir wußten so vielen Jammer nicht, der uns nun erscheint! Wir hätten z. B. nie daran gedacht, daß im Organisationsedikt für die Pfarrämter der Stadt Nürnberg d. d. 10. April 1810 (wiederholt bekannt gemacht im Nürnberger Intelligenzblatt von 1833 Nr. 104 vom 4. September § 6 und 7 vom königlichen Generalkommissariat des Pegnitzkreises als Generaldekanate) sakramentliche Union der Nürnberger Lutheraner und Reformierten geradezu intendiert und angeordnet sei. Und doch ist es so! Wir hätten noch vor wenigen Wochen nicht geglaubt, daß wir es mit so gar vielen sakramentlichen Mißbräuchen aufzunehmen hätten. Leider liegt in dem unvermuteten Funde nur eine neue Bestätigung, daß unser Gewissen kein irrendes sei.

 Nach diesem allen erlaube das königliche Oberkonsistorium dem unterthänigst gehorsamst Unterzeichneten seine Erklärung auf das hohe Reskript vom 5. d. Mts. in folgender Weise abzugeben:

 Die so erläuterten in der Eingabe vom 9. Oktober niedergelegten Grundsätze, welche kirchliche Ordnung und rechte Gemeinschaft der Kirche nicht stören können, weil sie ja vielmehr selbst Säulen kirchlicher Ordnung sind, vermag ich nicht aufzugeben. Sind sie doch nicht subjektiv, sondern nachweisbar Eigentum der lutherischen Kirche von Anfang her.

 Ebensowenig kann ich bei dem Bewußtsein treuen Willens mein Amt in der hiesigen Gemeinde niederlegen, da zumal der gesamte Kirchenvorstand samt dem besseren und größeren Teil der Gemeinde durch ihre Unterschrift zur Eingabe des Kirchenvorstandes vom 12. Oktober meine Stellung im allgemeinen für recht erkannte.

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 401. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/407&oldid=- (Version vom 1.8.2018)