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daß er auch in der Zeit der größten Schärfung der Gegensätze in seiner Polemik doch nie die Grenzen des christlichen Anstandes verletzt, sondern allezeit darnach gestrebt habe, (um einen seiner Lieblingsausdrücke zu gebrauchen) als ein miles mitis seines Herrn erfunden zu werden. Es war für seine zu raschen Entscheidungen und kräftigen Thaten drängende Natur gewiß keine leichte Aufgabe, sich so lange in der Geduld des Wartens zu üben und die Entscheidung reifen zu lassen, anstatt durch eigenmächtiges Vorgreifen den langsamen Gang der Dinge abzukürzen und die Entscheidung gewaltsam herbeizuführen. Wenn er sich aber auch durch die Warnungen und Abmahnungen seiner Freunde bestimmen ließ, in seinem Vorwärtsgehen ein langsameres Tempo anzuschlagen, so war er doch ebenso entschlossen, durch keine ungöttlichen Beschwichtigungsgründe sein Gewissen einschläfern zu lassen, sondern unentwegt weiter zu kämpfen, bis entweder der Sieg errungen oder der Beweis von der Unverbesserlichkeit der landeskirchlichen Zustände geliefert und damit auch die Berechtigung der ultima ratio des Austritts außer Zweifel gesetzt sein würde. „Alles thun was möglich, um einen Zustand herbeizuführen, bei dem wir in der Kirche bleiben können; wenn wir vergeblich arbeiten, dann gehen und uns anschließen, wo man nicht mit dem Verderben der Landeskirchen gemeinschaftliche Sache macht – das ist der Gedanke“ – schreibt Löhe, am 13. Oktober 1849 an Liesching. Demgemäß handelte er denn auch. Als daher die Antwort des Oberkonsistoriums auf die Fakultätseingabe sich verzögerte, beschloß Löhe mit seinen nächsten Freunden, „nachdem sie die Sache der Kirche lange genug in fremde Hände gelegt hätten, ohne eine Frucht zu sehen, sie nun in Gottes Namen selber wieder anzugreifen.“ So folgte denn nun eine Reihe von Petitionen an das Kirchenregiment, mit welchen die kirchliche Bewegung in Bayern in eine neue Phase eintrat.


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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 333. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/339&oldid=- (Version vom 1.8.2018)