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Sie triebe. Nun, das thun Sie auch noch. Ja ich weiß aus Erfahrung, was das Gemüt in solchen kirchlichen Verhältnissen drückt. Aber ich weiß auch aus meiner neueren Erfahrung, daß die landeskirchlichen Zustände in neu ausgeschälten Gemeinden bald wiederkehren, wie es unter uns am Tage ist. Es bleibt eben Unkraut unter dem Weizen und das Verfahren mit dem verschiedenen Unkraut bei aller Freiheit zu verfahren, ein schwieriges und das Gemüt vielfältig gedrückt und beschwert. Jenseits wird das vollkommene Wesen sein, des wir harren, und wie bald werden wir drüben sein!“ Löhe war betrübt über diese Retraktationen von Brüdern, auf deren Urteil er so viel Gewicht legte. Von der Unrichtigkeit seiner Beurteilung der Sachlage vermochten sie ihn freilich nicht zu überzeugen, doch gab er den brüderlichen Bitten und Abmahnungen insofern Gehör, daß er nun erst alle Versuche, auf geordnetem Wege eine Besserung der kirchlichen Zustände in Bayern herbeizuführen, erschöpfen wollte, bevor er den äußersten Schritt thäte.

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 Es ist die schlagendste Widerlegung des Löhe so oft gemachten Vorwurfes eines „unbändigen Separationsgelüstens“, daß er, trotz seiner Neigung zur Freikirche und trotz seiner Sehnsucht nach Erlösung von allen landeskirchlichen „Sündenbanden“, den abmahnenden Stimmen seiner Brüder die Beachtung nicht versagte, sondern sich zu immer wiederholter Prüfung seiner Entscheidungsgründe verstand, ja mehrmals, wenn eine Hoffnung der Besserung auf anderem Wege auftauchte, den bereits zum Austritt erhobenen Fuß wieder zurückzog. War irgend eine Anerkennung wohlbegründet, so war es diejenige, welche Huschke in einem auf Löhes Wunsch abgegebenen Gutachten diesem zollte: daß er die beiden Abwege, zu welchen ihm die Versuchung nahe lag, den des Separatismus und den der Erschlaffung im Kampfe vor dem Siege, glücklich vermieden habe. Und auch die Anerkennung wird ihm nicht versagt werden können,

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 332. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/338&oldid=- (Version vom 1.8.2018)