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sagte: Maria ist doch im Reiche Gottes vornehmer als Joseph. Dennoch empfängt sie, seitdem sie Joseph zu sich genommen, keine Weisungen durch Engel oder Träume, sondern der arme Pflegevater Joseph. Maria und Jesus werden diesem anvertraut. Daraus erhellt, daß Vateramt bei Gott höher steht als alle Frauenwürde auch der gebenedeiten Mutter. Ein Mann, der nicht Herr im Hause ist, ist nicht nur kein Mann, sondern auch kein Christ; und eine Frau, die sich nicht gerne in Gottes Ordnung fügt, ist nicht nur keine Christin, sondern auch kein Weib, hindert Gottes Ordnung, Gottes Frieden, Gottes Freude, hindert, daß ihre Familie eine heilige Familie werde.“

 Den Gefühlen, welche ihn bewegten, als Gott ihn zum ersten Mal in die Würde der Vaterschaft versetzte, gibt er in einem Brief an seinen Freund K. Ausdruck. Wir lassen die bezügliche Stelle hier folgen:

 „Seit sechs Wochen bin ich Vater und doch ein Kind und Knabe von Art und weiß nicht, wie ich mit Vateraugen meinen Sohn ansehen soll. Ehe er geboren wurde, zweifelte ich nicht an meiner Liebe zu dem Ankömmling; ich sagte aber oft zu Helenen, die ihn nicht zu lieben meinte: ,mit ihm selbst wird Deine Liebe zu ihm geboren werden‘. Nun ist’s bei Helenen so gegangen. Ich aber habe bei der harten Geburt des Knaben ihn aufgegeben, ihn in meinem Geiste heimgehen heißen ohne Schmerz, weil ein Leben auf Erden zwar keinen reut, der es selig hinter sich hat, aber wenn man’s vor sich hat, ein unübersteiglicher Berg und fast eine Unmöglichkeit zu sein scheint. Da er nun sein erstes Weinen hören ließ, konnte ich zwar durch eine Hinweisung auf dasselbe die Thränen meines Weibes trocknen; ich aber begrüßte das Kind als ein unerwartetes und bin ihm noch immer etwas fremd, zumal seine bestimmten Züge

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 27. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/33&oldid=- (Version vom 1.8.2018)