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handelt sich nicht wie früher von einem besonderen Fall oder von einer besonderen Anwendung der Zucht; sondern es ist gar keine Zucht da, wenn man sie nicht in der Predigt sucht, und nicht bloß keine Zucht, sondern auch trotz der ausdrücklichen Befehle des HErrn und seiner Apostel auch kein Wille, kein Mut, fast kein Gewissen dafür. Der Beschluß der letzten Synode in dem Betreff ist mir schauerlich. Indes es ist nicht die Zucht, welche mich vertreibt, wenn Sie es nicht zur Zucht rechnen wollen, daß man Bekenntnistreue überwache.

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 Die Verfassung ist es wieder nicht. Ich finde die Synodalbeschlüsse in Anbetracht des Summepiskopats geradezu gegen den 28. Artikel der Augsburgischen Konfession („Man soll die zwei Regiment, geistlich und weltlich nicht in einander mengen und werfen.“) anlaufend und sehe in Guerikes Symbolik pag. 574, daß auch andere die Theorie des 28. Artikels durch die Praxis der Kirche als zu Schanden geworden erkennen. Ich bin überzeugt, daß die Synode von 1849 bei ihrer eigenen freien Wahl des Joches aus Mangel an Vertrauen zu dem ewigen Helfer gesündigt hat, wie, wenigstens mir bekannt, keine andere. Mir klingt hiegegen selbst das Wort aus Jesu Mund strafend Matth. 20, 25. („Ihr wisset, daß die weltlichen Fürsten herrschen und die Oberherren haben Gewalt. So soll es nicht sein unter euch.“) Ich kann mich der Ueberzeugung nicht erwehren, daß es eine durch den Verlauf der Zeit der lutherischen Kirche zum greifen nahe gelegte Wahrheit ist, daß nur auf die eigene freie Wahl der Einzelnen, auf die von Gott geschenkte Freiwilligkeit zum Guten, eine rechte Kirchenverfassung gebaut werden könne. Exempla docent. Indes weder dies, noch die üble Mischung des demokratischen, aristokratischen und monarchischen Elements der ganzen beliebten Verfassung würde mir eine Freudigkeit geben, den Schritt zu thun, den ich vorhabe, – und noch weniger die mir beigelegte Lust zum Organisieren, für welche

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 311. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/317&oldid=- (Version vom 1.8.2018)