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Darlegung der Beweggründe enthält, die ihn zum Austritt bestimmten, hier wohl ausführlich mitgeteilt werden.


 Verehrte und teure Freunde!

 Ihre freundlichen Schreiben vom 29. und 30. März habe ich richtig erhalten und sage Ihnen beiden meinen aufrichtigen Dank. Ich habe mehrfach daran gedacht, mich mit Ihnen ins Benehmen zu setzen; aber die Gewißheit, daß Sie, was meine Seele drängt und preßt, nicht als dringend und pressend anerkennen würden, daß Sie auf einem anderen Standpunkt stehen, hat mich abgehalten. Ich kann und darf Ihnen aber bezeugen, daß ich mit niemand in der Welt lieber einig wäre als mit Ihnen und den Brüdern in Nürnberg und Fürth.

 Sie haben ganz richtig gehört, daß ich, von anderen nicht zu reden, im Begriffe bin einen Schritt zu thun, welcher, wie gering er auch für das Ganze sein mag, für meinen eigenen Lebenslauf von der größten Wichtigkeit ist. Glauben Sie aber, daß er nicht plötzlich geschieht. Ich trage seit Jahren eine jammernde Gewißheit mit mir herum, und das letzte Jahr hat, was lange im Reifen war, vollends zur Reife gebracht. Der Apfel fällt vor der Reife nicht ab vom Baume.

 Welchen Schritt zu thun ich mich nun genötigt glaube, sehen Sie richtig, aber die Gründe warum? verfehlt Ihr beiderseitiges Schreiben. Ich bin Landpfarrer, habe eine ziemliche Anzahl von Gemeinden kennen gelernt, ehe ich Pfarrer wurde, und stehe nun bald zwölf Jahre in meiner hiesigen Gemeinde. Mein Lebenslauf bringt es mit sich, daß ich die Versunkenheit der Gemeinden und die Notwendigkeit der Zucht erkennen mußte. Aller es ist nicht zunächst die Zucht, welche mich aus der Landeskirche vertreibt. Ich weiß, daß eine Trennung um der Zucht willen doch immer nur mit Unrecht den Vorwurf des Schismas tragen würde; denn es

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 310. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/316&oldid=- (Version vom 1.8.2018)