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und hob ihn mit Dankes- und Freudenbezeugungen in die Höhe, oder öffnete die Fenster und hielt ihn hinaus, damit Löhe ihn sehen und sich mit ihr von neuem der Erhörung seines Gebetes freuen sollte.


 Ein anderes Ehepaar hatte von mehreren Kindern ein einziges Töchterchen übrig behalten. Das Kind, ein sonst hübsches Mädchen, war durch ein Gewächs an der Oberlippe entstellt, das, anfangs klein, allmählich so anwuchs, daß das Kind nur mit Mühe essen und athmen konnte.

 Die Aeltern ließen nun Löhe bitten, er möge sie besuchen und das Kind ansehen, was da zu thun sei. Als man das arme Kind aus der Ofennische, in der es saß, an das Fenster trug, sah Löhe mit Entsetzen, wie sehr es entstellt war und welche Qual es leiden mußte, und rieth den Aeltern, sie sollten möglichst schnell mit dem Kinde nach Erlangen gehen, um die geschicktesten Aerzte zu Rate zu ziehen. Der Mann aber sagte: „Herr Pfarrer, ich mein halt, Sie könnten das Beste thun“. Löhe fragte, wie er das meine? „Ja, wenn Sie beten thäten“, war die Antwort. Löhe betete mit dem Kinde und den Aeltern, forderte aber zugleich, daß die Letzteren den Arzt, als denjenigen, welcher hier den nächsten Beruf habe, fragen sollten, was sie auch versprachen. Am andern Morgen brachte der Mann voll Freuden das Kind: Löhe solle doch sehen, wie viel besser es bereits mit demselben geworden sei, er möge doch öfter mit dem Kinde beten. Natürlich wollte der Mann nun gar nicht mehr zum Arzt, allein Löhe drang darauf, daß ein Arzt das Kind sehen müsse, was denn auch geschah. Der Arzt erklärte, daß es hier kein anderes Mittel der Hilfe gebe als eine Operation, daß dies aber in dem vorliegenden Falle eine sehr gefährliche Sache sei. Löhe betete darauf wiederholt

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 203. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/209&oldid=- (Version vom 1.8.2018)