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und heftig überfallen. Die Krankheit war hitziger Natur und nahm ihr die Fähigkeit, für ihre armen Kinder zu sorgen. Weder habe ich ein Sterbebett dieser Art jemals gesehen, was die Art der Krankheit betrifft, noch konnte ich mich irgendwo weniger des Gedankens erwehren, daß der HErr vor die Augen der Leute ein Exempel seines Ernstes und seiner heiligen Gerechtigkeit, die mitten unter der Vergebung dennoch aufrecht bleibt, aufrichten und wirken lassen wolle. Was ich thun konnte, habe ich gethan: ich habe von Grund meiner Seele zu dem Vater der Barmherzigkeit gerufen, daß Er ihr um Christi willen Todestrost und Hilfe zum ewigen Leben nicht versagen wolle. Und warum soll der wunderbare Gott, der den Schächer selig gemacht hat, nicht auch diese arme Hure und Bettlerin zu seinen ewigen Freuden haben führen können?

 A. M. S. beschloß ihr armes, elendes, sündenvolles Leben am... u. s. w. Vier ihrer Kinder leben noch und schauen der Mutter in’s Grab. Sie sind die ärmsten, elendesten Waisenkinder, in denen unser Heiland Jesus Christus geehrt, gespeist, gekleidet und versorgt sein will. Der HErr erwecke selbst mitleidige Herzen und schenke den armen Kindern, die nicht schlimmer als wir, getauft und in Seine Fürbitte eingeschlossen sind, Seinen heiligen Geist und die Liebe frommer Christen! Amen.“ – Die Skizze der Predigt, die Löhe bei dieser Leiche hielt, darf wol auch hier stehen. Text: Lucä 6, 36, „Seid barmherzig, wie auch Euer Vater barmherzig ist.“

 Von der Verstorbenen sei Abschied genommen. Der HErr zeige sie uns dort in Seinem Lichte. Dagegen wollen wir „in unserer Zeit vergessene Pflichten der Barmherzigkeit“ erwägen. Es ist ein, noch dazu nicht einmal als Sünde angesehener Mangel an Barmherzigkeit,

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 197. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/203&oldid=- (Version vom 1.8.2018)