Seite:Wilhelm Löhes Leben Band 2.pdf/192

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

R. gab nach dem Abendmahl auf meine Aufforderung der versammelten Menge das Zeugnis, daß die Gnade sein Element sei. Er war dabei so erquickt, daß ich glaubte, er würde wieder aufkommen. Nach der Kinderlehre war ich 11/2 Stunden bei ihm und wir hatten einen gesegneten Abend. Ich gieng mit Hoffnung auf Genesung heim. Abends 7 Uhr wurde ich wieder geholt. Man sah, daß es Ernst war und er klagte über Anfechtung. Wir beteten und lobten Gott. Ueber eine Weile fieng er an: „Der Satan verwehrt mir den Eingang.“ Wir ermutigten ihn und gaben dem finstern Geiste Spott zum Lohn für seine Teufelsarbeit. Dann sagte R. „Wenn ich’s nur sagen könnte, ach, mein Gott läßt mich die Worte nicht finden – es ist Strafe – ich kann’s nicht sagen. Die Menge wollte ihn nun mit mir allein lassen; er aber sagte, er würde es vor der ganzen Welt sagen, wenn er nur könnte, aber Gott habe es ihm verwehrt, habe es zugelassen, daß der Satan ihn quäle, um ihn zu strafen, er glaube aber doch. Nun fieng er an zu beten, sitzend, halb knieend, auf die Hände gestützt, während die Sinne schon schwanden. Sein Gebet bestand in immerwährender Wiederholung der Worte: „Du wirst mir doch verzeihen – um Jesu Christi willen – in jenem Namen – in jenem allerheiligsten Namen – in dieser Stunde des Todes.“ Vielleicht hundert Mal rief er: „Du wirst mir doch verzeihen – um Jesu Christi willen.“ Dazwischen wehrte er kräftig die Tröstung seines Weibes und seines Bruders ab und blieb in der Anrufung und im Gebete, bis ich endlich sagte, nun wolle ich ihn einsegnen. Ich fieng an ihn zu segnen – da wurde er fein stille. Zuletzt rief ich: „Hosianna, gelobt sei etc. Da schrie die ganze Menge Hosianna, und der selige Geist war hinüber. Wir beteten nun noch um eine selige Nachfahrt. Liebe Mutter, da gieng’s inbrünstig zu. Da betete das Volk recht, jeden bekannten Spruch

Empfohlene Zitierweise:
Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/192&oldid=- (Version vom 1.8.2018)