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ohne daß ich weiß, ob er zu meinem Troste werde bleiben. Ich und A. R. waren heut vor Tisch mit dem Kranken recht froh, daß wir nicht sterben können und in der Anfechtung erhalten bleiben, daß uns der ewig Liebevolle züchtigt und uns dem Tode nicht gibt. Nach Tisch wurde ich zur E. nach Haag gerufen. Ich gieng fröhlich durch’s Schneewasser und bei meiner Ankunft versammelten sich die Haager Weiber in der wirklich schönen, reinlichen Krankenstube: die stille ältere B., die eifrige, aber etwas schmutzige Sch., die dumme M., die vor Gutmütigkeit und Eifer beständig überströmende R., die schmucke B. Ich gab der Kranken einen vierfachen Rat: 1. Brauche den Arzt, er ist vom HErrn; 2. Sei geduldig; 3. Versöhne dich mit allen Menschen; 4. Vor allem laß Dich versöhnen mit Gott. Es wurde mir dabei recht wohl, daß ich meinen blauen Mantel auszog und mich eine gute Weile zum Krankenbette setzte. Wir plauderten von der gestrigen Leichenpredigt, die das Thema abhandelte: Was hat es auf Zeit und Ewigkeit für einen Einfluß, wenn man Zorn hält? Ich hatte nämlich die B. in Haag begraben, mit der sich die F. nicht hatte versöhnen mögen, obgleich sie in den letzten Stunden darum bat. – Sieh meine arme Heerde, meine Arbeit – manchmal meine Freude. Bete, daß ich meine Heerde weide mit dem lebendigen Worte, damit ich nicht verdammt werde in der Ewigkeit. Bete, daß ich wahrhaft Buße thue, daß ich um Jesu willen Frieden bei Gott finde, Frieden für meine Seele, daß meine letzte Stunde nicht mich zur Verzweiflung wegen meiner Sünde führe, daß ich errettet, errettet, errettet werde mit Weib und Kind, zu meinem Vater, meiner Mutter, meinem Volke.

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 Am 28. Dezbr. 1839.... R. ist gestorben. Wärest Du nur dabei gewesen. Das war ein Triumph. Am 3. Sonntag des Advents reichte ich ihm das heil. Abendmahl vor der Kinderlehre. Die ganze Stube war voll Leute, die mitbeteten, mitweinten.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 185. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/191&oldid=- (Version vom 1.8.2018)