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Landbevölkerung unterscheidet sich hinsichtlich ihrer Sitten und Lebensführung nicht viel von den umliegenden Nachbargemeinden, da wie dort sind die Aergernisse zahlreicher als die Beispiele des Guten, im Allgemeinen herrscht hier wie dort „der eitle Wandel nach väterlicher Weise“; aber wer die Dettelsauer nur nach ihrem Leben und den in ihrem Leben oftmals offenbar werdenden Sündenfrüchten, sowie nach den Collisionen, in welche sie mit dem Zucht- und Strafamt des Seelsorgers geraten, beurteilen wollte, würde doch kein gerechtes Urteil fällen. Nicht blos daß sie fast durchgängig eine sichere Erkenntnis von dem Einen haben was not ist im Leben und Sterben: auch diejenigen, bei welchen diese Erkenntnis nicht viel Frucht im Leben trug, beweisen doch sehr häufig im Sterben die Kraft des Glaubens, der da „Sündenberge ins Meer zu glauben“ und durch die gerechte Verdammnis des eigenen Herzens zur Gewißheit der Vergebung der Sünden und zur Ruhe in Jesu Wunden hindurchzudringen vermag. Gestützt auf solche sich reichlich wiederholende Erfahrungen pflegte Löhe zu sagen: „Die Dettelsauer wissen, wenn auch nicht wol zu leben, so doch wol zu sterben“. Was er damit sagen wollte, hat er einmal in einem „Der Tod zu Dettelsau“ überschriebenen, für den Diakonissenkalender von 1866 verfaßten Aufsatz weiter ausgeführt, aus dem es uns gestattet sei Einiges mitzutheilen. Löhe erzählt hier, wie er auf den zwischen seiner Gemeinde und derjenigen zu Hermannsburg öfters zu Ungunsten der ersteren angestellten Vergleich zu erwidern pflege: „Laß gehen, die Leute können doch gut sterben. Damit meine er auch etwas gesagt und die Gemeinde und ihren Gott gepriesen zu haben. Denn wenn der Apostel sage: ,Leben wir, so leben wir dem HErrn, sterben wir, so sterben wir dem HErrn, darum wir leben oder sterben, so sind wir des HErrn‘, so sehe Jeder leicht, daß dieser Spruch einer Treppe von drei Stufen gleiche. Wer die

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/182&oldid=- (Version vom 1.8.2018)