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Löhe als Seelsorger an Kranken- und Sterbebetten.

 Eine besondere Gabe war Löhe verliehen, als Seelsorger an Krankenbetten zu dienen. Mit seltener Weisheit wußte er, unterstützt durch die eingehendste Personalkenntnis, in seinem seelsorgerlichen Zuspruch den Ernst der Bußpredigt mit dem Trost des Evangeliums zu vereinigen. So wenig er von der Krankenseelsorge und ihrem Werte und Erfolg die übertriebene Vorstellung hegte, zu der besonders Anfänger im geistlichen Amt geneigt sind, so treu und unermüdlich war er doch auch in der Erfüllung der Pflichten, welche ihm dieser Theil seines Amtes auferlegte. Zu jeder Stunde bei Tag und bei Nacht war er dem Ruf an Krankenbetten zu folgen bereit. Seine Pfarrkinder waren gewöhnt, selbst in ernsteren Krankheitsfällen, eher ihn als den Arzt an die Krankenbetten der Ihrigen zu rufen. „Der Landmann hat, ich möchte sagen von Natur, ein größeres Zutrauen zu dem ewigen Helfer als zu dem irdischen Arzt“ – pflegte Löhe zu sagen. In seiner Gemeinde wenigstens stand es so. Wie Löhe selbst auf Grund von Jac. 5 der Ueberzeugung war, daß dem Gebet der Aeltesten an Krankenbetten eine besondere Verheißung gegeben sei, so hielt auch die Gemeinde das Amtsgebet in Ehren und begehrte es fleißig. Die göttliche Antwort kam oft in raschen und augenscheinlichen Erhörungen. Wie viele Kranke, jung und alt, hat Löhe gesund gebetet, wie manchesmal überkam auch Aerzte, die dem Christentum ferne standen, wenn sie von ihnen aufgegebene Kranke auf Löhe’s Gebet rasch und vollständig genesen sahen, eine Ahnung, daß hier Gottes Finger wirksam sei. Die meisten Fälle dieser Art sind nicht weiter bekannt geworden, da Löhe solche Gnadenerfahrungen gerne in stiller Verborgenheit beließ. Wer seine charismatische Begabung nicht kannte, der wunderte sich wol

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/176&oldid=- (Version vom 1.8.2018)