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gewichen: sie ist ein todter Mechanismus, so geisttödtend als das Abbeten des Rosenkranzes oder das Exercieren der Recruten; sie ist die modernisierte römische Messe, auch durch Grundirrlehren der römischen Kirche bedingt, wie denn z. B. der vorgeschriebene Gebrauch, das Kirchengebet nicht auf der Kanzel, sondern auf dem Altar, und zwar dem Altar zugekehrt, zu sprechen seinen Grund in dem römischen Dogma von der Transsubstantiation hatte“. Diese Stellen mögen eine Vorstellung von dem Geist geben, in welchem das Schriftchen verfaßt ist. Löhe’s Freund, Pfarrer Wucherer, antwortete dem Verfasser in einer Gegenschrift, worauf dieser noch einmal replicierte. Für Löhe fand dieser literarische Angriff ein übles Nachspiel in einer Klage, welche etliche seiner Widerwärtigen in der Gemeinde, jenes Schriftchen als willkommenen Anlaß benützend, gegen ihn beim Consistorium einreichten. Die Klagsteller protestierten gegen Löhe’s liturgische Neuerungen und verlangten gleichzeitig, aus der Gemeinde Neuendettelsau ausgepfarrt und dem Pfarrer Z. von G., dem Verfasser des oben erwähnten Schriftchens, als Beichtkinder überwiesen zu werden[.] Das Consistorium ließ nun zwar Löhe vollste Gerechtigkeit widerfahren, allein dadurch wurde der Riß in Löhe’s Gemeinde und sein Misverhältnis zu seinen Widersachern nicht geheilt. Dagegen wurde Löhe nach einigen Jahren die Erquickung zu Theil, daß sein damaliger Gegner, Pfarrer Z., unvermutet ihn aufsuchte, ihm die brüderliche Rechte reichte und mit einer Demut, die man versucht war für schöner zu halten, als wenn er sich nie geirrt hätte, bekannte, daß er sich geirrt habe: „es sei ihm wie Schuppen von den Augen gefallen, ein Traum habe ihn belehrt“. Pfarrer Z. wurde von da an Löhe’s inniger Freund und blieb es bis zu seinem Tode. Löhe hat ihm in der Vorrede zur 2. Auflage seiner Agende ein schönes Ehrengedächtnis errichtet.

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 134. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/140&oldid=- (Version vom 1.8.2018)