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 Bei der Zusendung des letzten Manuskripts schreibt er demselben: „Ich habe gemeint, ein wenig zum Besten der Kirche thun zu können, ich lege aber reichlich gedemütigt und fast jammernd die Feder nieder. Es kommt mir alles so ex abrupto gesagt, so unverbunden und schlecht gesagt vor, und jeder Correcturbogen, den ich lese, macht mir bang, es möchte dem Leser gehen wie mir. Es ist Alles so ungefeilt, so unvollendet, daß mich in meinem Urteil auch der Umstand nicht irre machen würde, wenn die Postille eine günstige Aufnahme fände.“

 Und ein andermal schreibt er unter dem gleichen Eindruck: „Obwol misgestaltet und misraten in jeder Weise hangt meine Seele doch an dem Gedanken, daß sich alles Wahre und Gute im Schönen vollenden müsse, und da hinaus geht mir Alles. Es ist ein Schrei nach Vollendung in mir, den ich mit der Menge meiner Sünden doch nicht übertäuben kann. Wenn mein seliger Freund Fritz (Liesching) und meine selige Freundin, die mir noch näher gewesen, noch bei mir wären, so würde ich mit jenem nach dem Ausdruck dessen gesucht haben, wovon ich sinne und sage, und an dieser und ihrem Verständnis erprobt haben, ob ich zum Inhalt die Form, die Form der einfältigen Schönheit gefunden. Wie es jetzt ist, lehre mich allein der HErr, der heilige Geist, der die Sprachlosen reden lehrt. Von Ihm kommt ja alleine Verstand und Weisheit.“

 Die erste Auflage der Evangelien-Postille widmete Löhe seiner greisen Mutter. „Ich möchte“ – schreibt er am 4. October 1847 seinem Verleger – „die Predigten gern meiner Mutter dedicieren. Als ich hörte – als Knabe –, daß Epaminondas seine Siegeskränze seiner Mutter gebracht, wünschte ich mir Siegeskränze, um sie meiner Mutter zu geben. Ich hab keine und halt auch meine Postille für keinen. Dazu ist meine Mutter eine bescheidene, 77jährige Frau, die von der Erwähnung,

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/131&oldid=- (Version vom 1.8.2018)