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Kirche verliert nichts von den Schätzen, die der HErr ihr anvertraut hat. Es ist mit den Geistesgaben wie mit dem Meere; da wechselt Ebbe und Flut. Gott kann wieder größeren Reichtum der Geistesgaben geben. Man kann nach den Gaben streben (V. 31); des Strebens bester Theil aber ist das Gebet. Um eine Gabe sollte insonderheit eine Genossenschaft von Diakonissen an Pfingsten beten; nämlich um die Gabe der ἀντιλήψεις („Helfer“) V. 28. Die ἀντίληψις ist die Gabe der Diakonie. Das Wort bedeutet eigentlich „hilfreich angreifen“. Nun wohl, denkt da die Eine und Andre, ich bin gesund, habe kräftige Glieder und kann darum anpacken, ich habe das Zeug zu einer perfecten Krankenpflegerin. Mit nichten; die Kunst des geistlichen Annahens, des barmherzigen Liebesdienstes an den Kranken und Elenden ist Gnadengabe, die mußt Du Dir erbitten etc.

 Die andere Predigt, gleichfalls vor der Diakonissengemeinde gehalten, behandelte einen wichtigen Gegenstand des inwendigen Lebens. Löhe redete auf Grund von 2. Cor. 11, 2 und Apocal. 14, 1–5 von der Gabe der Jungfräulichkeit.

 Was ist die Jungfräulichkeit, von der in diesen Texten die Rede ist, nicht? fragte Löhe zuerst und antwortete darauf: Keine blos weibliche Tugend, denn sie wird Apocal. 14 männlichen Gemütern zugeschrieben; auch keine Tugend der Ehelosen allein vgl. 2. Cor. 11, 2. Freilich könnte man dagegen aus Apocal. 14 einen Einwurf erheben. Indessen kann die Ehe, die Gott selbst gestiftet hat, kein μολύεσθαι μετὰ γυναικῶν heißen; ja es wäre eine Schande, so etwas nur im Ernste denken zu wollen. Die Jungfrauschaft, von der hier die Rede, ist weder die weibliche noch die leibliche Jungfrauschaft.

 Was ist sie denn? fragte er weiter, und gab darauf die Antwort: In dem hohen Styl des h. Johannes bezeichnet

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Johannes Deinzer: Wilhelm Löhes Leben (Band 2). C. Bertelsmann, Gütersloh 1880, Seite 112. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Wilhelm_L%C3%B6hes_Leben_Band_2.pdf/118&oldid=- (Version vom 1.8.2018)