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der verlorene Mörder zum gläubigen sehnsüchtigen Anbeter der gekreuzigten Majestät seines HErrn wurde; als Er, der HErr, der gelästerte, dem jetzt niemand Anbetung brachte, weil alles schwieg, den Mörder beten hörte: kann es anders sein, mußte Er Sich nicht freuen und Sein gequälter Geist, Seine betrübte Seele, Sein gepeinigter Leib wie durch einen Labetrunk vom Himmel und mehr als durch Engeltrost erquickt werden? Ach es ist eine Wahrheit, die die Erfahrenen kennen, daß mitten in den Leiden der Heiligen ein verborgener Freudenpunkt ist, auf welchem sie ruhen und von dem aus sie die schwere Last der Leiden heben. Und etwas dieser Art mag es nun wol auch gewesen sein, was unsern HErrn bei der Wahrnehmung der gewaltigen Wirkung Seiner Leiden auf den Schächer trösten konnte. Daß Seine Leiden im Himmel wirkten, Er wußte es. Daß sie auf Erden unaussprechlichen Segen wirkten, Er sah und hörte es am Schächer. Daß sie im Paradiese wirken würden, das durchdrang Ihn also, daß Er dem Schächer davon die laute Versicherung gab. So schwer Sein Gang, er war ein Gang des Gelingens. Unaufhaltsam geht Er vorwärts. Für die Feinde betet Er, die Seinen versorgt Er, die Schächer macht Er selig: so ist Er ganz in Seinem Werke: alles gelingt, und ob Ihm auch damals niemand Hosianna sang, es war Ihm doch gesungen und war erhört, und ehe der zweite Teil der Worte vom Kreuze kommt, die letzte größte Tiefe der Leiden, konnte Er an dem bisherigen die Gewisheit haben, daß alles vollends gelingen werde. Während Ihn die Leiden überflutheten, sammelten und staueten sich doch auch die Waßer Seiner Freuden, derjenigen Freuden, die Seine besonderen, Ihm eigenen sind, nämlich der Erlösersfreuden,