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Theil seiner Lebenszeit in der innigsten und nächsten Gemeinschaft mit dem HErrn und Seiner Mutter, mit dem ersten Manne und dem ersten Weibe im Himmel und auf Erden zubringen durfte, um dies Loos beneiden, wenn anders der Neid hier nicht ebenso große Thorheit als Bosheit wäre. Wahrlich, eine solche letztwillige Verfügung konnte nur Der am Kreuze machen und sonst niemand: Er ist allewege vollkommen, auch in Seinem Testament. Und wahrlich, man kann in diesen unseren Textesworten die Macht JEsu über die Seinen, von der wir geredet haben, begreiflich finden, weil Er sie, wie es am Tage ist, auf eine Weise anwendete, die schon allein hinreicht, alles Vertrauen und alle Ergebung zu rechtfertigen, mit welcher sich Ihm, auch in Seinem Sterben, Maria und Johannes ergaben.

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 Doch laßt uns einmal unsere Worte auch als eigentlichen Passionstext faßen und versuchen, die Frage zu lösen, ob sie auch ein Zeugnis des fortschreitenden Leidens JEsu seien. Ein Fortschritt des thätigen Gehorsams JEsu liegt allerdings in ihnen, denn wie hat Er das vierte Gebot und Freundestreue erfüllt, indem Er der Mutter diesen Sohn und Johannes diese Mutter gab! Wie aber zeigt sich in ihnen der leidende Gehorsam des HErrn? Ein kurzes Nachdenken führt dich, mein lieber Bruder, dahin, es wahrscheinlich, ein etwas tiefer eingehendes, es unleugbar und gewis zu finden, daß ein mächtiger Fortschritt des Leidensganges JEsu in Seinem zweiten Worte vom Kreuze geoffenbaret ist. Wir haben den Ausdruck gebraucht, der HErr mache in den Worten Sein Testament; wer aber das thut, der ergibt sich ins Sterben. Noch stirbt der HErr nicht, noch übergibt