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weiter werden sagen. „Vater,“ sagt er, „vergib ihnen.“ Herz ohne Gleiches! Hinreißender Vorgang, welcher dennoch zur Nachfolge auffordert! Vater, vergib, vergib wem? vergib was? O bei der Ueberlegung des Wem und des Was könnte einem die Frage entstehen, ob denn diese Bitte hätte gethan werden sollen, ob irgend wer der Macht der strafenden Gerechtigkeit in den Arm fallen dürfe? Aber schnell verstummt diese Frage wieder, wenn man den großen Beter ansieht, Den, Der kann, Der darf, was niemand wagen könnte, noch dürfte. Der kann der Gerechtigkeit in die Arme fallen und sie halten, weil Er das Vermögen und die Kraft hat, alle ihre Strafen auf Sich selbst zu nehmen und ihr in die Spieße und Schwerter Sich selber zu werfen. „Vater, vergib,“ so ruft, Der rufen, Der beten kann in der Kraft Seines rinnenden Blutes und Seiner triefenden Wunden, „vergib, denn sie wißen nicht, was sie thun.“ Er begründet Seine Bitte mit einem gerechten Grunde; die Hälfte, die größere Hälfte ihres Thuns ist ja nicht ihr, sondern des Satans; blind sind sie, hingerißen in der Stunde der Bosheit durch die Macht der Finsternis. O freilich ein gerechter Grund, dem aber niemand hätte Geltung verschaffen können, als allein der Hohenpriester und Versöhner mit Seinen blutenden Wunden. Wenn der ganze Himmel zum Anwalt geworden wäre und den Grund vorgebracht hätte, er hätte nicht durchgedrungen. Der die Schlange gestraft hat, weil sie dem Bösewicht diente, der würde vielmehr den Menschen gestraft haben, der nicht ein Thier, auch nicht verlaßen vom heiligen Geiste, sondern trotz aller strömenden Gnaden sich zum blinden Werkzeug des Satans machen ließ. Aber freilich, wenn Der, den Israel und der Teufel gemordet, Der aber sich selbst